Entscheidungsstichwort (Thema)

Tätigkeit des Vermessungs- und Katasteramtes als Hoheitsbetrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Einstufung der Tätigkeit eines Vermessungs- und Katasteramts als Hoheitsbetrieb ist ohne Belang, dass dessen öffentlich-rechtliche Aufgaben auch von öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren als beliehenen Unternehmern erfüllt werden dürfen.

 

Normenkette

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, 5 S. 1; VermKatG § 1 Abs. 1-2, § 5 Abs. 1, § 14 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.01.2005; Aktenzeichen I R 63/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art.

Die Klägerin ist eine kreisfreie Stadt. Als solche verfügt sie über ein Vermessungs- und Katasteramt. Gesetzliche Aufgabe des Vermessungs- und Katasteramts ist neben der Führung und Neueinrichtung des Liegenschaftskatasters u.a. die Durchführung von Teilungsvermessungen, Grenzfeststellungen und Gebäudeeinmessungen. Aus diesen Tätigkeiten erzielte die Klägerin in den Streitjahren die folgenden Einnahmen:

1992

DM

1993

DM

1994

DM

1995

DM

1996

DM

1997

DM

1998

DM

Die Einnahmen entfielen zu mehr als 70% auf Gebäudeeinmessungen, zu 25% auf Teilungsvermessungen und zu weniger als 5% auf Grenzfeststellungen. Auftraggeber waren vorwiegend andere öffentlich-rechtliche Körperschaften. Entgelte aus ingenieurtechnischen Vermessungsleistungen gegenüber privaten Dritten, die nicht zu den gesetzlich übertragenen Aufgaben des Kataster- und Vermessungsamts gehören (Absteckungen, baubegleitende Vermessungen sowie die Anfertigung nichtamtlicher Lagepläne), wurden in den streitbefangenen Jahren nicht erzielt.

Anlässlich einer Außenprüfung kam der Beklagte - das Finanzamt - zu der Auffassung, das Vermessungs- und Katasteramt sei als Betrieb gewerblicher Art der Körperschaftsteuer zu unterwerfen. Demgemäß erließ er am 07.10.1999 für die Streitjahre Körperschaftsteuerbescheide sowie Feststellungen nach § 47 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz - KStG -. Zur Begründung führte er aus, mit der Vermessungstätigkeit werde die Klägerin nachhaltig und selbständig wirtschaftlich tätig. Es handele sich um eine Tätigkeit, die in gleicher Weise von öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren ausgeführt werde. Daher trete die Klägerin zu privaten Unternehmern in Konkurrenz und begründe einen Betrieb gewerblicher Art.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, bei der Tätigkeit des Vermessungs- und Katasteramtes im Rahmen der Durchführung von Teilungsvermessungen, Grenzfeststellungen und Gebäudeeinmessungen handele es sich um einen Hoheitsbetrieb nach § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG. Denn bereits aus § 2 Abs. 3 Nr. 4 Umsatzsteuergesetz - UStG - sowie aus R 23 Abs. 7 Satz 2 und 3 Umsatzsteuerrichtlinien - UStR - ergebe sich, dass es sich bei der Vermessungstätigkeit um eine hoheitliche Tätigkeit handele. Nach § 1 Vermessungs- und Katastergesetz - VermKatG - seien die Landesvermessung und die Führung des Liegenschaftskatasters öffentliche Aufgaben, die durch die kreisfreien Städte als Katasterbehörde wahrgenommen werden. Nach § 21 Abs. 2 VermKatG handele sich dabei um eine Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. Im übrigen trete sie auch nicht in Konkurrenz zu öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren. Nach § 1 der Berufsordnung für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure in Nordrhein-Westfalen - ÖbVermIng BO NW - beschränke sich der Aufgabenbereich der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure darauf, als Organe des öffentlichen Vermessungswesens an der Aufgabe der Landesvermessung im Sinne von § 5 VermKatG mitzuwirken.

Die Klägerin beantragt,

die Körperschaftsteuerbescheide 1993 bis 1998 vom 07.10.1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, eine hoheitliche Tätigkeit liege nur dann vor, wenn es sich um eine Tätigkeit handele, die dem Träger öffentlicher Gewalt eigentümlich und vorbehalten sei, aus der Staatsgewalt abgeleitet sei und staatlichen Zwecken diene und bei der der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung zur Annahme verpflichtet sei. Übernehme eine juristische Person des öffentlichen Rechts jedoch Aufgaben, wie sie auch von Personen des Privatrechts ausgeübt werden und trete sie dadurch - und sei es ungewollt - in Wettbewerb zu privatwirtschaftlichen Unternehmen, sei ihre Tätigkeit nicht mehr hoheitlich. Dabei sei unerheblich, ob die konkrete Aufgabe der juristischen Person des öffentlichen Rechts durch Gesetz übertragen worden sei und sie mit der Erfüllung lediglich einer öffentlich-rechtlichen Leistungsverpflichtung nachkomme. Auch spiele keine Rolle, ob die Einnahmen, die sie durch ihre Tätigkeit erziele, in Form öffentlich-rechtlicher Gebühren oder eines Beitrags erhoben würden. Ein Grundstückseigentümer könne vorliegend frei wählen, ob er die Katasterbehörde in Anspruch nehme oder einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur beauftrage. Die Klägerin habe daher ...

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