Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit des Erlasses eines negativen Feststellungsbescheides auf der Grundlage der Korrekturbefugnis des § 165 Abs. 2 S. 2 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Mit einem Vorläufigkeitsvermerk bezüglich der Einkünfteerzielungsabsicht versehene bestandskräftige Gewinnfeststellungsbescheide für eine Verpachtungs-GbR können aufgrund nachträglicher Feststellungen einer Betriebsprüfung zu den für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebenden, in den betreffenden Jahren verwirklichten Tatsachen nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO geändert werden, weil damit eine tatsächliche Ungewissheit beseitigt wird.
  2. Aufgrund der Bestandskraft des Vorläufigkeitsvermerks kommt der Unterlassung vorheriger weiterer Ermittlungen zur Klärung des Sachverhalts keine Bedeutung zu.
  3. Bei der Vermietung des Inventars einer Röntgenpraxis durch eine GbR wird der für die Überschusserzielungsabsicht sprechende Beweis des ersten Anscheins widerlegt, wenn die Gesellschafter bei Aufnahme der Tätigkeit keinerlei konkret erkennbare Kalkulation der Verpachtungstätigkeit (Abschreibungszeitraum, Zinsen, Pachtdauer) erstellt haben, sondern lediglich eine Planrechnung für eine atypisch stille Beteiligung an der Praxis des Pächters vorliegt.
  4. Dem endgültigen Entschluss zur Überschusserzielung steht weiterhin die bedingte Absicht der Veräußerung an den Pächter entgegen.
 

Normenkette

AO §§ 165, 171 Abs. 8; EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2001, 2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen IX R 51/07)

BFH (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen IX R 51/07)

 

Tatbestand

Die Kläger zu 1. und 2. sind Fachärzte für Radiologie und Mitglieder der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. A., Dr. B. und andere in F-Stadt.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 1992 gründeten sie die Klägerin zu 3., die A. und B. Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts, an der sie zu je 50 % beteiligt sind. Der Zweck der Gesellschaft wird in § 1 des Gesellschaftsvertrages wie folgt dargestellt:

„Die Herren Dr. C. und D. haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen geschlossen, um in den Räumen G-Stadt Straße 1 in H-Stadt eine radiologische Gemeinschaftspraxis zu betreiben. Da die Finanzierung bei der bisherigen Wirtschaftslage der Praxis sich schwierig darstellte, sind die Herren Dr. A. und Dr. B. dahin übereingekommen, dass sie in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Apparategemeinschaft gründen, die das gesamte Anlagevermögen der Praxis erwirbt und an die Gemeinschaftspraxis vermietet. Zu diesem Zweck, der nicht gewerblicher Natur sein soll, sondern sich auf die bloße Vermögensverwaltung beschränkt, gründen die Gesellschafter hiermit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.”

Herr D. ist der Schwager des Klägers zu 1. und arbeitete vor der Gründung der Praxis C./D. als angestellter Arzt in der Gemeinschaftspraxis der Kläger zu 1. und 2. Dr. C. betrieb bis zur Aufnahme von Herrn D. durch Vertrag vom 25. November 1992 in H-Stadt eine Einzelpraxis als Radiologe. Zwischen Dr. C. und dem Kläger zu 2. bestand ein Pflegekindschaftsverhältnis.

Ebenfalls am 28. Dezember 1992 schlossen die Klägerin zu 3. und die Gemeinschaftspraxis Dr. C./D. einen Pachtvertrag. In diesem wird ausgeführt, dass die Verpächter die Praxisräume der radiologischen Praxis H-Stadt renoviert und mit den erforderlichen Gerätschaften ausgestattet haben. Die Verpachtung des gesamten Anlagevermögens erfolge ab dem 1. Januar 1993 zu einem Pachtzins von monatlich netto 48.500 DM. Für das erste Pachtjahr werde mit Rücksicht auf die Liquiditätslage auf die Zahlung des Pachtentgeltes verzichtet. Die dadurch entgangenen Beträge seien durch eine erhöhte Pachtzahlung für die Folgejahre wieder auszugleichen. Der Vertrag werde auf unbestimmte Dauer geschlossen. Im Falle der Beendigung des Vertrages solle ein Wertausgleich bezüglich des Inventars nicht stattfinden. Dr. C. war im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages 71 Jahre alt.

Die Gesamtinvestitionen der Klägerin zu 3. beliefen sich auf insgesamt 3.401.404,62 DM und stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:

1992

Zugang 1993

Zugang 1994

Zugang 1995

gesamt

Umbau

496.435,57

201.649,70

102.043,32

120.534,42

920.663,01

Einrichtung

85.975,95

72.292,28

87.173,92

3.043,48

248.485,63

Inventar

774.229,25

1.300.118,94

130.000,00

12.866,00

2.217.214,19

GWG

2.843,56

10.438,23

0,00

1.760,00

15.041,79

1.359.484,33

1.584.499,15

319.217,24

138.203,90

3.401.404,62

Insgesamt betrugen nach den Einnahmen- Ausgabenrechnungen für die Jahre 1992 bis 1996 die Zinsen 855.507 DM und die Absetzungen für Abnutzung (AfA) 2.331.613 DM. Die für das Jahr 1994 gezahlte Pacht belief sich auf brutto 533.000 DM (netto 463.478,23 DM zzgl. 69.521,77 DM Umsatzsteuer). In den nachfolgenden Jahren erfolgten keine weiteren Pachtzahlungen.

Am 30. Juni 1996 schied Dr. C. aus der Gemeinschaftspraxis Dr. C./D. aus. Den Anteil von Dr. C. übernahm Dr. E. Am 29. Mai 1996 schlossen die Klägerin zu 3. und die Gemeinschaftspraxis...

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