Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung einer nachträglich geänderten steuerlichen Zurechnung von Gewinnanteilen in Anbetracht einer vom Gesellschaftsvertrag abweichenden Gewinnverteilungsabrede

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Feststellung der gesellschaftsvertragswidrigen Gewinnverteilung durch zivilgerichtliches Urteil stellt kein die Änderung eines bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheids rechtfertigendes rückwirkendes Ereignis dar.
  2. Aus § 41 AO ergibt sich nichts anderes, wenn nicht alle Gesellschafter das wirtschaftliche Ergebnis dieser vertragswidrigen Gewinnverteilung gleichwohl eintreten und bestehen lassen wollten.
  3. Auch eine Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO scheidet aus, wenn nicht alle einspruchs- bzw. klagebefugten Gesellschafter zustimmen.
 

Normenkette

AO §§ 41, 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 352; FGO § 48

 

Streitjahr(e)

1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.03.2012; Aktenzeichen IV R 18/08)

BFH (Urteil vom 29.03.2012; Aktenzeichen IV R 18/08)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung von Änderungsbescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Jahre 1991 - 2000, mit denen die Zurechnung von Gewinnanteilen unter den Gesellschaftern abgeändert worden ist.

Der Kläger ist Kommanditist der „A” KG in „B”, der Beigeladenen zu 2.). Die KG wurde im Jahre 1969 vom Vater des Klägers als persönlich haftendem Gesellschafter sowie von der Mutter des Klägers „C”, dem Bruder des Klägers „D”, dem Beigeladenen zu 1.), und dem Kläger als Kommanditisten gegründet. Geschäftsgegenstand der KG ist bis heute die Handelsvertretung und der Handel mit elektrischen Steckern und Verbindungen. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1979 wurde der Beigeladene zu 1.) Komplementär der KG; der Kläger schied im Jahre 1982 aus der KG aus. Zum 31.12.1983 belief sich der Kapitalanteil der Mutter auf 40.000 DM und der des Beigeladenen zu 1.) auf 110.000 DM. Am 12.12.2000 verstarb die Mutter „C”. Sie wurde zu gleichen Teilen vom Kläger und vom Beigeladenen zu 1.) beerbt, so dass der Kläger seitdem wieder Kommanditist der KG und mit 20.000 DM (10.225,84 EUR), also 2/15, am Kapital der KG beteiligt ist.

In den Jahren 1991 bis 2000 wurden dem Beigeladenen zu 1.) neben der Gewinnverteilung nach Kapitalanteilen abweichend von der durch den Gesellschaftsvertrag vom 1.1.1969 vorgeschriebenen Gewinnverteilung eine Tätigkeitsvergütung von 600.000 DM jährlich sowie die von der KG erzielten Provisionen für Handelsvertretertätigkeit und bestimmte Vergütungen für Wareneinkäufe als Vorabgewinn zugewiesen. In den Bilanzen der KG wurde dies unter Ergebnisverwendung (Verteilung des erzielten KG-Gewinns auf die Gesellschafter) und im Rahmen der Kapitalkontenentwicklung des Beigeladenen zu 1.) als bewegliches Kapital des Komplementärs abgebildet und entsprechend in den von dem Beigeladenen als Komplementär der KG für die Streitjahre abgegebenen Steuererklärungen zu den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen erklärt. Die Gewinnverteilung durch das Finanzamt (FA) erfolgte stets erklärungsgemäß und wurde im Rahmen der laufenden Betriebsprüfungen, die für sämtliche Streitjahre erfolgten, nicht beanstandet.

Nach dem Tod der Mutter erwirkte der Kläger mehrere zivilgerichtliche Urteile gegen den Beigeladenen zu 1.), mit denen unter anderem die Zuweisungen des Vorabgewinns der Jahre 1991 bis 2000 an „D” als nicht dem Gesellschaftsvertrag entsprechend festgestellt wurden und der Beigeladene zu 1.) verpflichtet wurde, dementsprechenden „Gewinnverwendungsbeschlüssen” zuzustimmen. Mit Urteil des LG „B” vom 10. April 2003, bestätigt durch Urteil des OLG Düsseldorf vom 12. November 2004, wurde festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung vom 11.7.2002 gegen die Stimme des Klägers gefasste Beschluss über die Feststellung der Bilanz und die der Bilanz zugrunde liegende Gewinnverteilung des Jahres 2000 nichtig ist. Weiter wurde festgestellt, dass die Einkünfte aus Provisionen nicht als Vorabgewinn ausgewiesen werden durften und sich der Anspruch des Beigeladenen zu 1.) auf eine Tätigkeitsvergütung als Geschäftsführer auf 300.000 DM belief; der Beigeladene zu 1.) sei zur Zustimmung zu einem entsprechenden „Gewinnverwendungsbeschluss” verpflichtet. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Beigeladene zu 1.) eine entsprechende, von dem Gesellschaftsvertrag abweichende Regelung über den Vorabgewinn für das Jahr 2000 nicht nachgewiesen habe. Mit Urteil des LG „B” vom 27. Juli 2006 wurde der Beigeladene zu 1.) als Gesellschafter der KG für die Geschäftsjahre 1991 - 1999 mangels Abänderung der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen zur Zustimmung zu näher bezeichneten Bilanzfeststellungs- und „Gewinnverwendungsbeschlüssen” verurteilt. Hinsichtlich der Urteilsausführungen wird auf die zu den Akten gereichten Urteile des LG „B” vom 10. April 2003 und des OLG Düsseldorf vom 12. November 2004 (Streitjahr 2000) sowie des LG „B...

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