vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erträge aus intransparenten („schwarzen”) Fonds – Pauschale Ermittlung gemäß § 6 InvStG, Nachweis der tatsächlichen Höhe der Einkünfte, Mindestanforderungen des BMF-Schreibens vom 28.7.2015, Möglichkeit der individuellen Schätzung der Erträge, Ermittlungspflichten des FA, Verfassungsmäßigkeit des § 6 InvStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Werden die für den Nachweis der tatsächlichen Höhe der Einkünfte aus intransparenten („schwarzen”) Fonds aufgestellten Mindestanforderungen des BMF-Schreibens vom 28.7.2015, BStBl I 2015, 610, nicht erfüllt, sind die Erträge nach Maßgabe des § 6 InvStG anzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 17.11.2015 VIII R 27/12, BStBl II 2016, 539).
  2. Dies schließt eine dem Anleger günstigere individuelle Schätzung der Erträge aus.
  3. Die Ersetzung dieser Mindestanforderungen durch innerstaatliche Ermittlungen oder die Inanspruchnahme der Amtshilfe ausländischer Behörden kommt nicht in Betracht.
  4. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ausgestaltung der Regelung des § 6 InvStG bestehen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 28.7.2015 VIII R 2/09, BStBl II 2016, 447).
 

Normenkette

InvStG § 2 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz, § 5 Abs. 1, § 6 S. 1; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006, 2007, 2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.05.2019; Aktenzeichen VIII R 31/16)

 

Tatbestand

Die Klägerin zu 1. ist Alleinerbin ihres im August 2002 verstorbenen Ehemannes. Der aus Belgien stammende verstorbene Ehemann hatte Anteile an ausländischen Investmentfonds erworben und diese in einem Depot bei der A-Bank Belgien gehalten. Nachdem der gemeinsame Sohn (Kläger zu 2.) seinen Pflichtteilsanspruch geltend machte, übertrug die Klägerin zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs im Jahre 2003 das Depot zur Hälfte auf den Kläger zu 2. Dementsprechend wurden die Erträge aus den (fortgeführten) Kapitalanlagen ab 2003 einheitlich und gesondert festgestellt und den Klägern hälftig zugerechnet.

Die Kläger erzielten in den (verbliebenen) Streitjahren 2004 bis 2008 Zinsen in geringer Höhe sowie Erträge aus Investmentanteilen („Fondserträge”). Streitig ist, wie die Fondserträge zu berechnen sind.

Bezogen auf die Streitjahre bis 2006 handelte es sich bei sämtlichen Investmentanteilen unstreitig um Anteile an sog. intransparenten („schwarzen”) Fonds, deren Besteuerung ab dem Jahre 2004 im Investmentsteuergesetz (InvStG) geregelt war. Die Kläger erklärten die „nicht veröffentlichten Fondserträge” für die Streitjahre bis 2006 ausnahmslos im Schätzungswege. Gleiches galt für die Streitjahre 2007 und 2008 bezogen auf die Anteile an 3 von insges. 6 Fonds; für die Anteile an den übrigen 3 Fonds erfolgte ein Ansatz „lt. beiliegenden Listen” bzw. „lt. Börsenzeitung”. Die „Fondserträge” wurden danach wie folgt erklärt (Beträge in €):

Jahr

Betrag

Ermittlung/Schätzung (s. „Anlagen zur Anlage KAP”)  

2003

8.435,43

= 1,7% der Depotwerte per 31.12.2003 von insges. 496.201,78  

2004

10.500,94

= 2% der Depotwerte per 31.12.2004 von insges. 525.046,85  

2005

12.318,18

= 2% der Depotwerte per 31.12.2005 von insges. 615.909,17  

2006

13.263,04

= 2% der Depotwerte per 31.12.2006 von insges. 663.151,98  

2007

12.672,46

Für 3 Fonds Ansatz Erträge „lt. beiliegenden Listen” i.H. von insges. 2.923,86; für 3 Fonds mit Depotwerten per 31.12.2006 von insges. 487.430,09 Ansatz mit 2% = 9.748,60  

2008

14.272,88

Für 3 Fonds Ansatz Erträge „lt. Börsenzeitung” i.H. von insges. 3.406,50); für 3 Fonds mit Depotwerten per 31.12.2008 von insges. 362.212,81 Ansatz mit 3% = 10.866,39

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die „Fondserträge” demgegenüber wie folgt an (Beträge in €):

Jahr

Betrag

Ermittlung (s. Bescheidsanlagen)  

2003

38.503,53

Schätzung in Anlehnung an § 6 InvStG (s. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 770)  

2004

32.691,41

Ermittlung nach § 6 InvStG  

2005

63.603,62

Ermittlung nach § 6 InvStG  

2006

49.463,21

Ermittlung nach § 6 InvStG  

2007

37.045,03

Ermittlung nach § 6 InvStG (auch für die 3 Fonds nicht wie erklärt Ansatz Erträge „lt. beiliegenden Listen” i.H. von insges. 2.923,86, sondern höhere Beträge nach § 6 InvStG (unter Berücksichtigung der Depotwerte per 31.12.2007))  

2008

37.045,03

Fondserträge für 3 Fonds wie erklärt insges. 3.406,50. Für 3 Fonds mit Depotwerten per 31.12.2008 von insges. 362.212,81 Ansatz nach § 6 InvStG mit 6% = 21.732,77.

Die Kläger machten nach erfolglosem Einspruchsverfahren im Klageverfahren u.a. geltend, dass die für Jahre ab 2004 geltende Regelung in § 6 InvStG gemeinschaftsrechtswidrig sei.

Daraufhin wurde die Frage der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des InvStG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Auf den (Vorlage-) Beschluss vom 3.5.2012 hin hat der EuGH mit Urteil vom 9.10.2014 C-326/12 (veröffentlicht u.a. in Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2014, 2029) entschieden, dass § 6 InvStG europarechtskonform so zu verstehen sei, dass es dem Steuerpflichtigen auch bei sog. intr...

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