Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkungsteuer: Unionsrechtmäßigkeit der Freibetragsregelung für beschränkt Steuerpflichtige nach Einführung der Wahlmöglichkeit des § 2 Abs 3 ErbStG durch das BeitrRLUmsG

 

Leitsatz (redaktionell)

Der EuGH wird um eine Vorabentscheidung zu folgender Frage ersucht:

Ist Art. 63 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 AEUV dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines im Inland belegenen Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte, auch dann entgegensteht, wenn eine andere Regelung des Mitgliedstaats vorsieht, dass auf Antrag des Schenkungsempfängers der höhere Freibetrag - unter Einbeziehung aller von dem Schenker anfallenden Erwerbe zehn Jahre vor und zehn Jahre nach der Ausführung der Schenkung - zur Anwendung kommt?

 

Normenkette

ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG § 2 Abs. 1 Nr. 3; ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG § 2 Abs. 3; ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG § 14; ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG § 15 Abs. 1; ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG § 16 Abs. 1 Nr. 2; ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG § 16 Abs. 2; AEUV Art. 63 Abs. 1, Art. 65, 267 Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin und ihre Töchter A, geboren am 10. Juli 1995, und B, geboren am 12. Juli 1997, sind deutsche Staatsangehörige und haben ihren Wohnsitz in ..., Großbritannien. Die Klägerin wohnt seit dem Jahr 1996 nicht mehr in Deutschland. Ihre Töchter haben niemals in Deutschland gewohnt. Gleiches gilt für den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts.

Die Klägerin war zu einem Anteil von 1/2 Miteigentümerin an einem in C (Deutschland) belegenen Grundstück. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. September 2011 übertrug die Klägerin diesen Anteil zu jeweils 1/2 auf ihre Töchter. Etwaig anfallende Schenkungsteuer sollte die Klägerin übernehmen. Unter dem 12. Januar 2012 erteilte Rechtsanwalt D als Ergänzungspfleger der minderjährigen Töchter der Klägerin seine Genehmigung hinsichtlich der im Vertrag vom 20. September 2011 abgegebenen Erklärungen.

Mit zwei Bescheiden vom 31. Mai 2012 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin hinsichtlich des Erwerbs des jeweiligen Anteils an dem Grundstück in C, durch ihre Töchter A und B jeweils 146.509 € Schenkungsteuer fest. Bei der Ermittlung der Schenkungsteuer zog der Beklagte vom jeweiligen Wert des Erwerbs jeweils einen persönlichen Freibetrag für beschränkt Steuerpflichtige von 2.000 € ab.

Die Klägerin hat erfolglos Einspruchsverfahren geführt. Mit ihrer Klage begehrt sie die Berücksichtigung eines persönlichen Freibetrages von 400.000 € für unbeschränkt Steuerpflichtige. Ein solcher Freibetrag stehe ihr nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu. Einen Antrag nach § 2 Abs. 3 des deutschen Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) stelle sie nicht. Das aus dieser Vorschrift folgende Antragserfordernis sei zum einen als Rückwirkung unzulässig. Zum anderen führe der Antrag dazu, dass der Freibetrag von 400.000 € nur gewährt werde, wenn so genannte Vorerwerbe berücksichtigt würden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Für die Entscheidung über die Vorlagefrage sind folgende Vorschriften des deutschen Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (Bundesgesetzblatt Teil I, S. 378), zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (Bundesgesetzblatt Teil I, S. 2592), von Bedeutung:

§ 1 Steuerpflichtige Vorgänge

(1) Der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) unterliegen

1. der Erwerb von Todes wegen;

2. die Schenkungen unter Lebenden;

3. die Zweckzuwendungen;

...

(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erwerbe von Todes wegen auch für Schenkungen und Zweckzuwendungen, die Vorschriften über Schenkungen auch für Zweckzuwendungen unter Lebenden.

§ 2 Persönliche Steuerpflicht

(1) Die Steuerpflicht tritt ein

1. in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9) ein Inländer ist, für den gesamten Vermögensanfall (unbeschränkte Steuerpflicht). Als Inländer gelten

a) natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben,

...

3. in allen anderen Fällen, vorbehaltlich des Absatzes 3, für den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes besteht (beschränkte ...

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