Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung – Sachliche Zuständigkeit der Gemeinde – Anordnungskompetenz des FA

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die sachliche Zuständigkeit für die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung obliegt nach § 21 Abs. 3 FVG allein der Gemeinde.
  2. Für eine entsprechende Anordnung des Finanzamtes auf Antrag der Gemeinde fehlt es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (entgegen BVerwG-Urteil vom 27.1.1995 8 C 30.92, BStBl II 1995, 522).
 

Normenkette

FVG § 21 Abs. 2-3; AO §§ 127, 196; GG Art. 20 Abs. 3; FGO § 69

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.05.2017; Aktenzeichen IV B 10/17)

 

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung der Verfügung über die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung.

Mit Verfügung vom 23. August 2016 ordnete der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine steuerliche Außenprüfung für die Zeiträume 2011 bis 2014 zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Umsatz- und Gewerbesteuer an. Die Stadt A, Fachbereich Steuern und Grundbesitzabgaben, teilte mit Schreiben vom 6. September 2016 dem Antragsgegner mit, dass der Stadtamtmann B als Bediensteter der Stadt beabsichtige, an der Betriebsprüfung teilzunehmen, und bat, die erforderliche Teilnahmeanordnung zu erlassen. Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin mit Verfügung vom 6. September 2016 mit, dass die Stadt A von ihrem Recht auf Teilnahme an der Außenprüfung nach § 21 Abs. 3 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) Gebrauch mache und B der vorgesehene Teilnehmer der Stadt sei. Die Antragstellerin legte mit Schreiben vom 19. September 2016 gegen die mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Verfügung des Antragsgegners Einspruch ein. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner am 11. Oktober 2016 ab. Über den Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Mit der Außenprüfung ist inzwischen, derzeit noch ohne Teilnahme eines Gemeindebediensteten, begonnen worden. Sie ist noch nicht abgeschlossen.

Mit dem Antrag trägt die Antragstellerin vor:

Neben ihrer Bautätigkeit gehöre die Entwicklung von Gewerbegrundstücken zu ihrem Unternehmensgegenstand. Die Grundstücke würden dazu in der Regel angekauft und nach Entwurf neuer Nutzungskonzepte weiterverkauft. Mit der Stadt A stehe sie in einem intensiven Wettbewerb. Sowohl auf der Verkäufer- als auch auf Käuferseite seien die Stadt und städtische Gesellschaften aufgetreten. Anders als beim Auskunftsrecht, das sich auf Vorgänge, die für die Gewerbesteuer erheblich seien, beziehe, erhalte die Stadt durch ihre Teilnahme Informationen, die die Geschäfte, die mit der Antragstellerin in direktem Zusammenhang stünden, beeinflussen könnten. Die Teilnahme eines Gemeindebediensteten der Stadt hätte eine nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Verfügung vom 6. September 2016 hinsichtlich der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor:

Die Teilnahme eines dem Steuergeheimnis unterliegenden Gemeindebediensteten sei in § 21 Abs. 3 FVG ausdrücklich vorgesehen. Eine entsprechende Teilnahmeanordnung sei nicht ungewöhnlich (Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 27. Januar 1995 8 C 30.92, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, 522). Für ein vermutetes gezieltes außersteuerliches Interesse der Stadt für die Teilnahme an der Außenprüfung bei der Antragstellerin fehlten jedwede Hinweise. Die Befürchtungen der Antragstellerin seien nicht geeignet, ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung zu wecken, zumal der Gemeindebedienstete kein eigenes Prüfungsrecht habe.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 - 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen vor. Es bestehen bei der gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung des Antragsgegners vom 6. September 2016.

Nach § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswid...

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