Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Krankheitsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (amtlich)

Als außergewöhnliche Belastung abziehbare Krankheitskosten können auch dann vorliegen, wenn eine an einem Tumor erkrankte Person ohne vorherige amtsärztliche Untersuchung eine Privatklinik aufsucht und sich dort einer ärztlich geleiteten Therapie unterzieht. Wird diese Maßnahme von dem Sohn des Betroffenen finanziert, so kann dieser seine Aufwendungen insoweit nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen, als der erkrankte Vater ein selbstgenutztes Einfamilienhaus und ein weiteres Haus besitzt, das er der Familie seines Sohnes unentgeltlich überlässt. Insoweit handelt es sich zumindest bei einem der beiden Häuser um "schädliches Vermögen", dessen Verwertung dem Betroffenen zumutbar ist.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.12.2002; Aktenzeichen III R 25/01)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie streiten um die Anerkennung von Aufwendungen für die Tumorbehandlung des Vaters des Kläger, Herrn EU, als außergewöhnliche Belastung vor dem Hintergrund des Vorhandenseins „schädlichen Vermögens”.

Der 1922 geborene EU verfügte im Streitjahr 1996 über monatliche Renteneinkünfte von 2.147 DM. EU war Eigentümer zweier nebeneinander liegender Häuser (Grundstücke Waldstraße 2 und 4, Gesamtfläche rd. 1.000 qm). Das ältere der beiden Häuser (Waldstraße 2) ist ca. vierzig Jahre alt und weist eine Wohnfläche von rund 120 qm aus. Es wurde von den Klägern unentgeltlich zu Wohnzwecken genutzt. Auf dem zweiten Grundstück (Waldstraße 4) wurde 1981 mit einem Kostenaufwand von rd. 223.000 DM ein Einfamilienhaus errichtet. Es wurde – wie die Kläger behaupten – von EU und dessen Lebensgefährtin, teilweise aber auch von den Klägern und ihrem Sohn bewohnt.

EU erkrankte 1995 an einem Darmtumor. Zwecks Durchführung einer Tumorbehandlung suchte EU ab August 1995 die Klinik Am Meyenberg in Bad Herrenalb auf und ließ dort durch die behandelnden Ärzte Professor Dr. Kisseler und dessen Frau Dr. Kisseler eine Protease-Inhibitor-Therapie durchführen. Für diese Maßnahme entstanden ab 1995 Kosten in Höhe von mehr als 700.000 DM, die von den Klägern getragen und zum Teil fremdfinanziert worden sind. EU ist im November 2000 an einer anderen Erkrankung verstorben. Vor seinem Tod hat EU die vorerwähnten Grundstücke auf den Kläger übertragen.

Nachdem der Beklagte im Einkommensteuerbescheid für 1995 geltend gemachte Aufwendungen i.H. von insgesamt 103.704 DM für die Klinikbehandlung von EU als außergewöhnliche Belastung anerkannt hatte, machten die Kläger in der Steuererklärung für das Streitjahr 1996 weitere dem entsprechende Aufwendungen i.H. von 215.028, 32 DM geltend (ESt, 98).

Der Beklagte erließ am 26. Mai 1998 einen Einkommensteuerbescheid für 1996, der die genannten Aufwendungen nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zuließ.

Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 10. Juni 1998 Einspruch ein.

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 1. September 1998 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückgewiesen hatte, erließ der Beklagte am 11. November 1998 eine Einspruchsentscheidung, die den Einspruch der Kläger als unbegründet zurückwies (Bl. 13).

Hiergegen richtet sich die Klage vom 8. Dezember 1998, die am 11. Dezember 1998 beim Finanzgericht einging (Bl. 1).

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 10. Mai 1998 in Form der Einspruchsentscheidung vom 11. November 1998 insoweit abzuändern, als 215.028 DM unter Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung als außergewöhnliche Belastung Anerkennung finden.

Die Kläger tragen vor (Bl. 2 ff.), EU habe sich in den Jahren ab 1995 einer Tumorbehandlung in der erwähnten Privatklinik unterziehen müssen, deren Kosten die zuständige Knappschaft nicht übernommen habe. Insoweit verweisen die Kläger auf den abschlägigen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts des Saarlandes vom 19. März 1997, Gz.: S 7 Kn 326/96 (Rbh, 15 ff.). Da EU als Rentner mit einer monatlichen Rente von 2.147 DM nicht in der Lage gewesen sei, die Kosten der Heilbehandlung zu tragen, seien sie, die Kläger, aus rechtlichen Gründen gehalten gewesen, diese zu übernehmen. EU verfüge über ein selbstgenutztes Einfamilienhaus sowie über ein daneben liegendes weiteres Einfamilienhaus, das die Kläger mit ihrer Familie unentgeltlich nutzen dürften. Die Kläger sind der Auffassung, beide Hausgrundstücke müssten bei der Frage nach vorhandenem Vermögen im Rahmen des § 33 EinkommensteuergesetzEStG – wirtschaftlich als ein Hausgrundstück betrachtet werden. Auf die Vorlage eines vor Beginn der betreffenden Maßnahme ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten zur Feststellung der medizinischen Notwendigkeit komme es nicht an, da das Vorliegen einer Krankheit und die Notwendigkeit von deren (Nach-) ...

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