Entscheidungsstichwort (Thema)

Nach dem Eintritt des Versicherungsfalls vom Arbeitgeber weiter geleistete Versicherungsbeiträge zur Lebens- und Invaliditätsversicherung des (ehemaligen) Arbeitnehmers ohne Verbesserung der rechtlichen bzw. wirtschaftliche Position des Arbeitnehmers gegenüber dem Versicherer kein Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach dem Eintritt des Versicherungsfalls weiter geleistete Versicherungsbeiträge des (früheren) Arbeitgebers zur Lebens- und Invaliditätsversicherung des (ehemaligen) Arbeitnehmers sind kein steuerpflichtiger Arbeitslohn, wenn die weiteren Zahlungen nach Eintritt des Versicherungsfalls die rechtliche bzw. wirtschaftliche Position des Arbeitnehmers gegenüber dem Versicherer objektiv nicht verbessern und der Arbeitnehmer hierdurch also keinen geldwerten Vorteil erlangt.

2. Hiervon ist auszugehen, wenn der ehemalige Arbeitgeber dem damaligen Arbeitnehmer eine Berufsunfähigkeitsrente zugesagt, hierzu einen durch eine Rückdeckungsversicherung gesicherten Versicherungsvertrag mit einem Versicherer abgeschlossen, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag beim Ausscheiden des Arbeitnehmers an diesen abgetreten hat, der Arbeitnehmer nach dem Versicherungsvertrag bei Eintritt des Versicherungsfalls beitragsfrei zu stellen war, der Versicherer jedoch den Eintritt des Versicherungsfalls zunächst bestritten, nach jahrelangem Rechtsstreit aber letztendlich doch anerkannt hat, und wenn der ehemalige Arbeitgeber die Versicherungsprämien nur zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für den Arbeitnehmer vorsorglich weiter entrichtet hat.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2; LStDV § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.07.2012; Aktenzeichen VI R 10/11)

BFH (Urteil vom 05.07.2012; Aktenzeichen VI R 10/11)

 

Tenor

Unter Änderung des Bescheids für 1991 über Einkommensteuer vom 22. September 1995 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2001 wird die Einkommensteuer für 1991 ohne Berücksichtigung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Form von Beitragszahlungen für Versicherungen (XX.XXX DM) festgesetzt.

Dem Beklagten wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die Steuer zu errechnen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Berücksichtigung von Beitragszahlungen, welche die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers auf eine an diesen abgetretene Lebensversicherung leistete, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger erzielte als Geschäftsführer der im Jahr 1999 in Konkurs gefallenen C GmbH bis zum 30. November 1990 Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit. Er hatte seinen Wohnsitz bis zum September 1991 im Inland und verzog danach ins Ausland – zunächst nach D und später E.

Im Rahmen der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses trat die Arbeitgeberin dem Kläger die Ansprüche aus einem Rückdeckungsversicherungsvertrag ab. Dieser war von der Arbeitgeberin mit der F Lebensversicherung AG abgeschlossen worden und sah zu Gunsten des Klägers für den Fall seiner Berufsunfähigkeit eine Beitragsfreistellung sowie eine Berufsunfähigkeitsrente vor. Gleichzeitig verpflichtete sich die Arbeitgeberin, die Versicherungsbeiträge bis zum Eintritt des Versicherungsfalls jährlich im Voraus in Höhe von XX.XXX DM weiter zu entrichten. Diesen Sachverhalt teilte die Arbeitgeberin dem Beklagten mit und zeigte an, dass hierfür kein Lohnsteuerabzug vorgenommen worden sei.

Im April 1991 teilte der Kläger seiner ehemaligen Arbeitgeberin mit, dass er seit Februar 1991 berufsunfähig sei und machte ihr gegenüber seine Ansprüche auf Berufsunfähigkeitsrente geltend. Gleichzeitig machte er gegenüber der F Lebensversicherung AG seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend. Das Versicherungsunternehmen lehnte die Ansprüche im April 1992 ab. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für den Kläger entrichtete die GmbH die Versicherungsbeiträge für den Kläger vorsorglich weiter. In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht in G gegen das Versicherungsunternehmen erstritt der Kläger im Mai 2000 ein für ihn günstiges Teilurteil, in welchem das beklagte Unternehmen zur Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ab Februar 1991 verurteilt wurde. Da mit dem Urteil der Eintritt des Versicherungsfall ab Februar 1991 festgestellt war und damit die vertraglich vereinbarte Beitragsfreistellung feststand, wurden die von der ehemaligen Arbeitgeberin geleisteten Versicherungsbeiträge an die Konkursmasse zurückerstattet. Der Zivilrechtsstreit wurde endgültig durch einen Prozessvergleich vor dem Oberlandesgericht in G beendet, in welchem dem Kläger die volle Berufsunfähigkeitsrente zugesprochen wurde.

Der Beklagte betrachtete insbesondere die im Jahr 1991 von der ehemaligen Arbeitg...

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