Entscheidungsstichwort (Thema)

Entkräftung des Beweiswertes einer Postzustellungsurkunde

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Beweiswert einer Postzustellungsurkunde, in der der Postzusteller vermerkt hat, eine Einspruchsentscheidung des Finanzamts in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt zu haben, kann nicht allein durch den Hinweis des Adressaten erschüttert werden, dass durch den ständigen Wechsel von Postzustellern sich Mängel in der Briefzustellung häufen würden.

 

Normenkette

AO § 122 Abs. 5; ZPO § 418 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.04.2007; Aktenzeichen VIII B 249/05)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger streitet mit dem Beklagten um die Wirksamkeit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides 1996 betreffend die „aufgelöste A und B BG”.

Nachdem am 24. Juli 1998 durch die X Steuerberatungsgesellschaft mbH für die „Rechtsanwaltssozietät A u. B” eine Erklärung zur gesonderten Feststellung 1996 eingereicht worden war (Fest, Bl. 17 ff.), erließ der Beklagte am 28. August 1998 auf der Grundlage der Erklärungsangaben einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1996 (Fest, Bl. 31 ff.). Der festgestellte Gewinn betrug 66.462 DM, der Anteil des Klägers hieran 30.940 DM. Die inhaltliche Richtigkeit wird vom Kläger bestritten.

Nachdem der Beklagte bemerkte, dass der Feststellungsbescheid vom 28. August 1998 dem Kläger nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden war, erließ er am 8. August 2003 (Fest, Bl. 35 ff.) gegenüber dem Kläger einen inhaltsgleichen Bescheid. Der Beklagte verfügte die förmliche Bekanntgabe im Wege der Zustellung durch Postzustellungsurkunde (Fest, Bl. 35 R). Ausweislich der Postzustellungsurkunde (Fest, Bl. 34) unternahm der Postzusteller am 11. August 2003 unter der Adresse „A-Straße 11, 66127 Saarbrücken” einen vergeblichen Zustellversuch und legte ausweislich der Postzustellungsurkunde – weil die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung nicht möglich war – das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung ein.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2005 legte der Kläger gegen den Feststellungsbescheid vom 11. August 2003 Einspruch ein und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er machte geltend, den Feststellungsbescheid 1996 nicht erhalten zu haben. Erst im Klageverfahren wegen Einkommensteuer 1996 habe er von dessen Existenz erfahren.

Mit Entscheidung vom 24. Februar 2005 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig. Die Zustellung der Einspruchsentscheidung erfolgte am 26. Februar 2005 unter der Anschrift des Klägers „A-Straße 11, 66127 Saarbrücken” (Rbh, Bl. 52).

Mit Schreiben vom 15. März 2005 erhob der Kläger Klage

Er beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Einspruch erneut zu entscheiden.

Der Kläger macht geltend, den streitigen Bescheid nicht erhalten zu haben. Im Anwesen A-Straße 11 in Saarbrücken befinde sich kein Briefkasten mit seiner Namensangabe. Mithin sei die Zustellung nicht ordnungsgemäß bewirkt, was zur Folge habe, dass eine ordnungsmäßige Bekanntgabe nicht erfolgt sei. Demzufolge habe der Beklagte den Einspruch vom 3. Februar 2005 zu Unrecht als unzulässig verworfen.

Der Kläger erklärte, er habe gegen den Beschluss des Senats vom 12. April 2005 im Verfahren 1 K 350/04 betreffend die Gewährung von Prozesskostenhilfe Verfassungsbeschwerde eingereicht. Auf diese Weise wolle er gegen die Rechtsprechung vorgehen, die es einem Betroffenen unmöglich mache, die Beweiskraft einer Postzustellungsurkunde erfolgreich anzugehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Er verweist auf den Beweiswert der Postzustellungsurkunde. Im Übrigen habe der Beklagte unter der Anschrift A-Straße 11 in Saarbrücken sowohl nichtförmliche wie auch förmliche Zusendungen erhalten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Der Senat hat zudem die Akten des Verfahrens 1 K 393/03 beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht den Einspruch des Klägers wegen Verfristung als unzulässig verworfen.

1.Rechtliche Grundlagen

1.1. Nach § 355 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes einzulegen. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Ordnet jedoch das Finanzamt die Bekanntgabe durch (förmliche) Zustellung (§ 122 Abs. 5 AO) an, ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Bewirkung der Zustellung dem Adressaten bekannt gemacht. Die Dreitagesvermutung gilt demzufolge in einem solchen Fall nicht (BFH-Urt...

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