Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrfache Anwendung der 1-%-Regelung bei mehreren dem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Privatnutzung zur Verfügung gestellten Fahrzeugen der GmbH

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Darf der Geschäftsführer einer GmbH mehrere Fahrzeuge privat nutzen und führt er kein Fahrtenbuch, so werden die privaten Nutzungsanteile für diese Fahrzeuge dementsprechend durch mehrfache Anwendung der Einprozent-Methode bestimmt. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist nicht nur einmal anzuwenden, wenn mehrere betriebliche Kfz ausschließlich durch eine Person auch privat genutzt werden (Anschluss an BFH v. 9.3.2010, VIII R 24/08).

2. Soweit nach Tz. 9 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2002, 148 bei mehreren zur Privatnutzung zur Verfügung stehenden betrieblichen Fahrzeugen der Ermittlung des privaten Nutzungswerts nur das Fahrzeug mit dem höchsten Listenpreis zugrunde gelegt werden soll, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die betrieblichen Fahrzeuge nicht von Personen genutzt werden, die zu seiner Privatsphäre gehören, handelt es sich um eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift, die mangels Rechtsnormqualität für die Gerichte nicht beachtlich ist. Sofern es sich dabei um eine Billigkeitsregelung handeln sollte, so wäre über deren Anwendung in einem gesonderten Billigkeitsverfahren und nicht im vorliegenden Verfahren der Anfechtung der Steuerfestsetzung zu entscheiden.

 

Normenkette

EStG 2002 § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2-3; EStG§ 8 Abs. 1; EStG 2002 § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.06.2013; Aktenzeichen VI R 17/12)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein C-unternehmen. Gesellschafter-Geschäftsführer sind die Eheleute DE und FE.

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 wurde festgestellt, dass die Klägerin DE zwei KfZ, nämlich einen PKW, BMW, Limousine, sowie eine Geländelimousine, BMW X 5 (Bruttolistenpreis: 70.762 Euro), zur uneingeschränkten, auch privaten Nutzung zur Verfügung gestellt hatte (Bl. 78 AP). Der Außenprüfer gelangte zu der Auffassung, dass wegen der unterschiedlichen Nutzungseigenschaften die Nutzung beider Fahrzeuge durch DE als weiterer Sachbezug mit einem jährlichen Wert von 8.484 Euro (Bl. 78 Dok) zu erfassen sei.

Der Beklagte erließ auf dieser Grundlage am 18. Oktober 2007 (Bl. 70 AP) einen auf § 42 d EStG gestützten Haftungsbescheid gegenüber der Klägerin über Lohnsteuer 2004 bis 2006. Die Klägerin legte am 26. Oktober 2007 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18. März 2009 (Bl. 11 ff.) als unbegründet zurückwies.

Am 7. April 2009 hat die Klägerin Klage erhoben (Bl. 1).

Sie beantragt,

den Haftungsbescheid vom 18. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. März 2009 aufzuheben.

Die Klägerin macht geltend, infolge der Nutzung zweier Fahrzeuge durch DE sei es allenfalls möglich und auch geboten, die Nutzung des teuersten Fahrzeugs lohnsteuerlich als Vorteil zu erfassen. Denn eine zeitgleiche Nutzung sei denknotwendig ausgeschlossen. Der Ehefrau von DE stehe eine weiteres Fahrzeugs, ebenfalls eine Geländelimousine vom Typ BMW X 3, zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung. Es sei ausgeschlossen, dass auch Frau FE das DE zustehende Fahrzeug nutze.

Die Klägerin habe auf eine verwaltungsinterne Regelungen, wonach die 1 %-Regelung in solchen Fällen auf das Fahrzeug mit dem höheren Listenpreis Anwendung finden solle, vertraut und damit ihre steuerlichen Pflichten korrekt erfüllt. Zwischenzeitlich seien die Fahrzeuge von DE mit Saisonkennzeichen versehen. Dies dokumentiere eine auf das Jahr gesehen isolierte Nutzungsmöglichkeit von jeweils nur einem Fahrzeug.

Hinsichtlich des Jahres 2006 sei im Übrigen eine betragsmäßige Beschränkung des Nutzungsvorteils geboten, da die für den PKW mit dem Kennzeichen XX – XX – X anfallenden Kosten nachweislich in geringerer Höhe zum Betriebsausgabenabzug geführt hätten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung macht der Beklagte geltend, infolge der Nutzungsmöglichkeit mehrerer Fahrzeuge durch DE müsse für jedes Fahrzeug eine Besteuerung erfolgen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass weitere Personen eines der DE überlassenen Fahrzeuge nutzten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Haftungsbescheid des Beklagten geht zu Recht davon aus, dass auch die Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich des zweiten Fahrzeugs durch DE zu einem lohnsteuerlich relevanten Vorteil geführt hat.

1. Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer – wie hier (Bl. 45 ff.) – ein Fahrzeug nicht vertragswidrig privat nutzt, sondern sich auf eine im Anstellungsvertrag ausdrücklich zugelassene...

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