Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Antragsveranlagung nach Ergehen eines bestandskräftig gewordenen (geschätzten) Einkommensteuerbescheids. Einkommensteuer 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

Das FA muss einem Antrag auf Durchführung der Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht mehr entsprechen, wenn zwar die Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG noch nicht abgelaufen ist, aber bereits ein wegen Nichtabgabe der Steuererklärung und des Vorliegens von Kontrollmaterial zu Vermietungseinkünften ein auf geschätzten Zahlen beruhender Einkommensteuerbescheid für den betreffenden Veranlagungszeitraum erlassen sowie bestandskräftig geworden ist und nicht mehr nach den §§ 129, 172 ff. AO geändert werden kann.

 

Normenkette

EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8 Sätze 1-2; AO §§ 129, 172-173

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.05.2006; Aktenzeichen VI R 17/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte den Antrag des Klägers auf Durchführung der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1999 zu Recht abgelehnt hat.

Der Kläger wurde bis zum Jahr 1999 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt (Einkommensteuerakte – ESt –, Bl. 6). Ausweislich der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 leben die Ehegatten seit dem Jahr 2001 dauernd getrennt. Der Kläger und seine Ehefrau bezogen im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (ESt(1999), Bl. 17 f.). Im Juli 1999 erhielt der Beklagte eine Kontrollmitteilung, wonach der Kläger für die Vermietung einer Ferienwohnung in N im Jahr 1998 Einnahmen in Höhe von 5.500 DM erzielte (ESt(1998)). Nachdem die Ehegatten trotz Aufforderung keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 abgegeben hatten, erließ der Beklagte am 12. Oktober 2001 einen Einkommensteuerbescheid, der auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhte (ESt(1999), Bl. 3). Hiergegen legten die Eheleute am 27. November 2001 Einspruch ein (ESt(1999), Bl. 5). Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichten sie die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ein (ESt(1999), Bl. 6 ff.). Darin erklärten sie negative Vermietungseinkünfte in Höhe von insgesamt -23.523 DM. Auf den Hinweis des Beklagten hin, dass die Einsprüche verfristet seien (ESt(1999), Bl. 29 ff.), nahmen die Eheleute die Einsprüche zurück (ESt(1999), Bl. 37 f.).

Am 17. April 2002 beantragte der Kläger, die im Rahmen des Einspruchsverfahrens eingereichte Steuererklärung als Antrag auf Durchführung der Einkommensteuerveranlagung zu behandeln (ESt(1999), Bl. 40). Der Beklagte änderte in seinem Bescheid vom 13. Mai 2002 die Anrechnungsverfügung, lehnte aber den Antrag des Klägers auf Durchführung der Veranlagung ab (ESt(1999), Bl. 41 ff.). Hiergegen legte der Kläger am 28. Mai 2002 Einspruch ein (Rechtsbehelfsakte – Rbh –, Bl. 2). Diesen Einspruch wies der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 12. August 2002 als unbegründet zurück (Rbh, Bl. 10 ff.).

Hiergegen richtet sich die am 13. September 2002 erhobene Klage.

Zur Begründung führt der Kläger wie bereits zur Begründung seines Einspruchs aus, die Einkommensteuererklärung sei rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Zweijahresfrist eingereicht worden. Wenn auch der Beklagte positive Vermietungseinkünfte angenommen habe und von einer Pflichtveranlagung ausgegangen sei, so ändere dies nichts an der materiellen Rechtslage, wonach die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gegeben seien.

Er beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2002 den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1999 gemäß der am 28. Dezember 2001 eingereichten Einkommensteuererklärung durchzuführen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausführte, der Einkommensteuerbescheid vom 12. Oktober 2001 sei in Bestandskraft erwachsen. Da keine Änderungsvorschrift erfüllt sei, komme Antragsveranlagung für das Streitjahr nicht mehr in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten (zwei Bände) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die als Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 2. Alt. FGO) zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO). Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung der Antragsveranlagung.

1.1 Nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 EStG wird die Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag durchgeführt, wenn das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 19 EStG) besteht, von denen ein Steuerabzug (§§ 38 ff. EStG) vorg...

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