rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorauszahlungsbescheid. Jahressteuerbescheid. Klageverfahren. Ersetzung. USt VZ Juli 1999 und Dezember 2000

 

Leitsatz (amtlich)

Wird im Verlaufe eines Klageverfahrens gegen einen Vorauszahlungsbescheid ein Jahressteuerbescheid erlassen, so wird dieser nicht nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens, sondern ist – soweit dies der Steuerpflichtige wünscht – durch Einspruch anzufechten.

 

Normenkette

FGO § 68

 

Beteiligte

Finanzamt Sulzbach, vertreten durch den Vorsteher

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.10.2003; Aktenzeichen V B 103/02)

 

Tenor

1. Das Verfahren gegen den Vorauszahlungsbescheid zur Umsatzsteuer für Juli 1999 wird abgetrennt und unter dem neuen Geschäftszeichen 1 K 139/02 fortgeführt.

2. Das Verfahren 1 K 139/02 wird bis zur Bestandskraft des Jahresbescheides zur Umsatzsteuer 1999 vom 7. Februar 2002 ausgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger hat am 19. September 2001 u. a. Klage gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Juli 1999 erhoben. Im Verlaufe des Klageverfahrens hat der Beklagte am 28. August 2001, geändert durch Bescheid vom 20. Dezember 2001 (Bl. 53, 55), den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 1999 erlassen.

Der Kläger hat gegen den Jahressteuerbescheid 1999 Einspruch eingelegt (Bl. 67).

Bei Übersendung des Jahresbescheides vertrat der Beklagte die Auffassung, dieser sei gemäß § 68 FGO n. F. Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden (Hinweis auf BFH v. 4. November 1999, BStBl. II 2000, 454 und v. 21. Februar 1991, BStBl. II 1991, 465 sowie die Verfügung der OFD Saarbrücken O 2200 – 151 – St 14 2 vom 9. November 2001). Es sei nicht erkennbar, dass die bisherige Rechtsprechung des BFH zum verfahrensrechtlichen Verhältnis von Vorauszahlungs- und Jahresbescheid nun nicht mehr gelte.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Verfahren wird bis zur Bestandskraft des Jahresbescheides zur Umsatzsteuer 1999 vom 7. Februar 2002 ausgesetzt.

1. Nach § 74 FGO kann das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung eines anderen Rechtsstreites oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreites ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist das Verfahren auszusetzen, wenn während des Klageverfahrens ein Änderungsbescheid ergeht und dieser nicht nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, sondern mit Einspruch angefochten wird (BFH v. 11. Februar 1994 III B 127/93, BStBl. II 1994, 658).

Die Anwendung der vorgenannten Rechtsprechung setzt jedoch – wie der Beklagte zutreffend vorträgt – voraus, dass der Jahressteuerbescheid 1999 nicht „automatisch” nach § 68 FGO (in der ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung) Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden und insoweit ein Einspruch ausgeschlossen ist. Der Senat ist der Auffassung, dass dies nicht der Fall ist, weil keine „Ersetzung” vorliegt.

3. Nach § 68 Abs. S. 1 FGO n.F. wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn er „den angefochtenen Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ändert oder ersetzt”. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte bisher noch nicht zu entscheiden, ob eine „Ersetzung” im Sinne des § 68 FGO n.F. vorliegt, wenn während des Klageverfahrens gegen den Vorauszahlungsbescheid der Jahresbescheid erlassen wird. Der BFH hat diese Frage nach altem Recht sowohl für das Einspruchsverfahren (BFH v. 4. November 1999 V R 35/98, BStBl. II 2000, 454) als auch für das Klageverfahren (BFH v. 21. Februar 1991 V R 130/86, BStBl. II 1991, 465; v. 1. Oktober 1992 V R 81/89, BStBl. II 1993, 120; v. 17. März 1994 V R 39/92, BStBl. II 1994, 538, 540) im Sinne einer „Ersetzung” entschieden.

Der Senat hält diese Rechtsprechung für den § 68 FGO n.F. nicht für anwendbar. Die Vorschrift räumt dem Kläger kein entsprechendes Wahlrecht ein, sondern bewirkt, dass der in ihren Anwendungsbereich fallende Bescheid „automatisch” Gegenstand des Klageverfahrens wird.

4. Im Einspruchsverfahren ist das Finanzamt ohnehin gehalten, den gesamten Bescheid erneut inhaltlich zu überprüfen. Ob dies anlässlich des gegen den Vorauszahlungsbescheid eingelegten Einspruchs oder anlässlich eines weiteren, gegen den Jahresbescheid eingelegten Einspruchs geschieht, macht keinen qualitativen Unterschied. Das Einspruchsverfahren ist für den Steuerpflichtigen gebührenfrei. Die Verfahrenssituation ist insofern eine grundlegend andere als im Klageverfahren.

Das Einspruchsverfahren ist der Klage als „Filter” zur Entlastung der Gerichtsbarkeit vorgeschaltet. Würde man den Jahresbescheid automatisch zum Gegenstand des Klageverfahrens gegen den Vorauszahlungsbescheid machen, müssten u.U. erhebliche Fragenkomplexe erstmals, ohne Vorprüfung durch das Einspruchsverfahren, vor Gericht verhandelt w...

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