Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Bundesverfassungsgericht werden gemäss Art. 100 Abs. 1 GrundgesetzGG –, § 80 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG – folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

  1. Ist § 32 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5 EinkommensteuergesetzEStG – in Verbindung mit § 38 c EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1991 geltenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl. I S. 1093; BStBl. I S. 224) mit dem GG insoweit vereinbar, als der Grundfreibetrag für zusammenveranlagte Ehegatten 11.232 DM beträgt?
  2. Ist § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG i.V.m. § 38 c EStG (insbes. § 38 c Abs. 1 Satz 4 Nr. 5 lit. a) in der für den Veranlagungszeitraum 1991 geltenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1989, a.a.O., mit dem GG insoweit vereinbar, als der Kinderfreibetrag für jedes zu berücksichtigende Kind bei zusammenveranlagten Ehegatten 3.024 DM beträgt?

III. Der Beschluss ergeht unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist verheiratet. Er wird zusammen mit seiner Ehefrau beim beklagten Finanzamt zur Einkommensteuer veranlagt. Die Eheleute haben zwei Kinder im Alter von derzeit 13 und 10 Jahren. Der Kläger bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für ihn ist für das Streitjahr 1981 eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse III ausgestellt, die als weiteren Eintrag u.a. enthält: verheiratet, 2 Kinderfreibeträge.

Der Kläger beantragte am 25. Oktober 1990 beim beklagten Finanzamt die Eintragung eines Freibetrages von 13.598 DM; der Beklagte entsprach in vollem Umfang diesem Antrag.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 1990 legte der Kläger Einspruch gegen den festgesetzten Freibetrag ein. Er machte geltend, die geltende Lohnsteuertabelle sei mit Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 Grundgesetz – GG – nicht vereinbar, da die Summe aus Grundfreibeträgen, Kinderfreibeträgen und den sich aus dem Kindergeld errechnenden „fiktiven Kinderfreibeträgen” unter dem notwendigen Familienexistenzminimum läge. Hierbei nahm er auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in den Beschlüssen vom 29. Mai 1990 1 BvL 20/80 u.a., BStBl. II 1990, S. 653, und vom 12. Juni 1990 1 BvL 72/86, BStBl. II 1990 S. 664 Bezug. Er errechnete für sich und seine Familie ein Existenzminimum von 38.914 DM (für zwei Erwachsene: 26.114 DM; für zwei Kinder: 12.800 DM). Die Grundfreibeträge (2 × 5.616 DM), die Kinderfreibeträge (2 × 3.024 DM) sowie die umgerechneten Kindergeldzahlungen (4.320 DM) summierten sich auf 21.600 DM, so dass sich ein nach Auffassung des Klägers zu Unrecht versteuertes Existenzminimum von jährlich 17.314 DM (monatlich 1.443 DM) ergäbe. Der Betrag von 17.314 DM müsse als weiterer Freibetrag auf die Lohnsteuerkarte eingetragen werden.

Der Beklagte erliess am 19. Februar 1991 eine Entscheidung, mit dem der Einspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen wurde. Der Beklagte liess offen, ob die derzeit geltenden Lohnsteuertabellen verfassungsmässig seien; er jedenfalls müsse sie, da sie den gesetzlichen Vorgaben Folge leisteten, anwenden.

Am 7. März 1991 erhob der Kläger Klage.

Er beantragt sinngemäss,

den Feststellungsbescheid (Eintragung eines Freibetrages) vom 25. Oktober 1990 in Form der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 1991 dahingehend abzuändern, dass der Lohnsteuerfreibetrag 23.140 DM beträgt;

hilfsweise: den Bundesminister der Finanzen zur Aufstellung einer neuen Lohnsteuertabelle mit dem Ergebnis zu verpflichten, dass sich die Jahreslohnsteuer des Klägers mit dem Betrag ergibt, mit dem sie sich bei Anwendung der geltenden Jahreslohnsteuertabelle nach einem steuerlichen Jahreslohnsteuerabzug in Höhe von 9.542 DM ergeben würde.

Der Kläger beruft sich zur Begründung auf die erwähnten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990, a.a.O. und vom 12. Juni 1990 a.a.O. Das Bundesverfassungsgericht habe festgehalten, dass bei der Einkommensbesteuerung ein Betrag in Höhe des Existenzminimums der Familie steuerfrei bleiben müsse. Die derzeit geltenden Grund- und Kinderfreibeträge blieben auch unter Hinzurechnung eines fiktiven „Kindergeldfreibetrages” hinter diesen Anforderungen zurück.

Speziell für sich und seine Familie berechnet der Kläger das Existenzminimum wie folgt:

1.

Für die Kläger (Ehemann und nicht berufstätige Ehefrau)

Jahresbetrag DM

a)

Sozialhilfe-Regelsätze für die „Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt” (§ 22 BSHG; Regelsatzverordnung vom 20.7.62 i.d.F. der Änderung vom 10.6.71, BGBl. I, 451)

Ehemann: monatlich 440 DM

5.280

nicht berufstätige Ehefrau:

monatlich 352 DM

4.224 DM

b)

Im Regelsatz nicht enthaltene, in der Sozialhilfe gesondert erstattete „Kosten der Unterkunft”(statistischer Bundesdurchschnitt der monatlichen Mietkosten (Warmmiete) für einen Zwei-Personen-Haushalt (2 Erwachsene, da die Unterkunft der Kinder bei deren Existenzminima berücksichtigt ist; „Haushaltstyp 1: 2 Personen-Haushalte von Renten- und Sozialhilfeempfängern mit geringem Einkommen”)), monatlich im Jahr 1989: 450,32 DM (Kaltmiete) + 35,34 DM (Heizungsumlage) = 485,66 DM; hochgerechnet au...

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