rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Regulierung von Schadensfällen bei Kraftfahrtunternehmen im Inland für ausländische Versicherungsunternehmen als den in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG 2005 genannten Tätigkeiten „ähnliche Leistung”. keine Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung für den Vorsteuerabzug

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass ein Schadenregulierungsbüro, das Schadensfälle bei Kraftfahrzeugunfällen im Inland für ausländische Versicherungsunternehmen reguliert und jeweils vom Deutschen Büro Grüne Karte e.V. mit der Regulierung von Verkehrsunfällen ausländischer Kraftfahrzeuge in Deutschland beauftragt wird, eine den in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG 2005 ausdrücklich genannten Tätigkeiten „ähnliche Leistung” erbringt, wenn sich das Büro nicht auf die bloße Verwaltung im Auftrag des jeweiligen ausländischen Versicherers beschränkt, sondern eine Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG) erbringt, indem es verbunden mit einer rechtlichen Prüfung die Interessen des ausländischen Versicherers bei der Abwicklung des Schadens zu wahren, zu vertreten und zu verteidigen hat.

2. Eine „ähnliche Leistung” i. S. d. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG in der vor 2010 gültigen Fassung kann auch dann vorliegen, wenn sie keine Beratungsleistung darstellt.

3. Die ohne juristische oder vergleichbare systematische Ausbildung ausgeübte Regulierung von Verkehrsunfallschäden kann eine Rechtsdienstleistung i. S. d. § 2 Abs. 1 RDG sein, wenn die Schadensregulierung mit einer rechtlichen Prüfung verbunden ist, das heißt, wenn eine Prüfung von Grund und Umfang der Eintrittspflicht des Versicherers erfolgt. Eine „vertiefte” oder „besondere” rechtliche Prüfung ist für das Vorliegen einer Rechtsdienstleistung i. S. d. § 2 Abs. 1 RDG nicht erforderlich; daher ist insoweit unerheblich, ob es bei der Schadensregulierung um vermeintlich oder tatsächlich einfache Ansprüche des Geschädigten geht.

4. Enthält eine Rechnung nicht alle für den Vorsteuerabzug des Rechnungsempfängers erforderlichen Angaben, wirkt eine spätere Rechnungsberichtigung für den Vorsteuerabzug nicht ex tunc zurück.

 

Normenkette

UStG 2005 § 3a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 3, §§ 14, 15 Abs. 1, § 14c Abs. 1 S. 2, § 17 Abs. 1 S. 7; UStDV § 31 Abs. 5; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; RDG § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.07.2012; Aktenzeichen V B 82/11)

 

Tenor

Die Vollziehung der Bescheide über Umsatzsteuer für 2005 bis 2008, alle jeweils vom 22. November 2010, wird bis einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung ausgesetzt, soweit der Antragsgegner nicht bereits die Vollziehung ausgesetzt hat.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Das Verfahren betrifft Umsatzsteuerbescheide, die der Antragsgegner im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung geändert hat. Inhaltlich geht es dabei um die Frage, ob die Antragstellerin sonstige Leistungen im Inland erbracht hat.

Die Antragstellerin betreibt in X. das „… Schadenregulierungsbüro Y.” als Einzelunternehmen. Dessen Gegenstand ist die Regulierung von Schadensfällen bei Kraftfahrzeugunfällen im Inland für ausländische Versicherungsunternehmen. Die Antragstellerin wird vom Deutschen Büro Grüne Karte e.V. mit der Regulierung von Verkehrsunfällen ausländischer Kraftfahrzeuge in Deutschland beauftragt (siehe hierzu und zum Nachstehenden (http://www.gruene-karte.de/home.html). Das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. ist eine Einrichtung der deutschen Autohaftpflichtversicherer zur Abwicklung von Autohaftpflichtfällen im Rahmen des internationalen Grüne-Karte-Systems. Bei Vorliegen der Voraussetzungen übernimmt das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. die Pflichten eines Haftpflichtversicherers für ein ausländisches Kraftfahrzeug in Deutschland. Dies geschieht auf der Grundlage einer Grünen Karte bzw. auf der Basis des amtlichen Kennzeichens für Kraftfahrzeuge aus solchen Ländern, für die die Pflicht zum Mitführen eines Versicherungsnachweises (Grüne Karte) entfallen ist. Die europarechtliche Rechtsgrundlage hierfür ist die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 11. Mai 2005 zur Änderung der Richtlinien 72/166/EWG, 84/5/EWG, 88/357/EWG und 90/232/EWG des Rates sowie der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. EG L 149/17 vom 11. Juni 2005). Deshalb kann das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. wie ein Haftpflichtversicherer in Anspruch genommen werden. In aller Regel reguliert das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. den Schadenfall nicht selbst, sondern überträgt die Abwicklung des Falles einem Versicherungsunternehmen (Mitglied) oder auch einer privaten Schadenregulierungsorganisation – zu denen auch die Antragstellerin zählt –, die dann jeweils im Auftrage des Deutsche Büro Grüne Karte e.V. tätig werden.

Die Antragstellerin hatte für die Streitjahre Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben, denen der Antragsgegner zugestimmt ...

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