Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung der von einer in Luxemburg ansässigen Gesellschaft SICAV (Société d'invetissement à capital variable) erhaltenen Ausschüttungen bei einer deutschen GmbH im zeitlichen Anwendungsbereich des vor 2014 gültigen DBA-Luxemburg 1958

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine in Luxemburg ansässige Gesellschaft SICAV (Société d'invetissement à capital variable) mit Umbrellastruktur mit Teilgesellschaftsvermögen ist als (in Luxemburg grundsätzlich der intransparenten Besteuerung unterliegende, aber dort ertragsteuerbefreite) Kapitalgesellschaft i. S. d. Art. 20 Abs. 2 S. 3 DBA Luxemburg 1958 und nicht als Zweckvermögen i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG einzustufen.

2. Ausschüttungen der SICAC an eine zu mehr als 25 % beteiligte deutsche GmbH sind zwar nicht nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei, jedoch als sog. Schachteldividenden gem. Art. 20 Abs. 2 S. 1 i. V. m. S. 2 DBA Luxemburg 1958 von der Bemessungsgrundlage der Körperschaft- und Gewerbesteuer auszunehmen, mit der weiteren Folge, dass eine Anrechnung ausländischer Steuern nicht zu erfolgen hat. Es hat eine Hinzurechnung von nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG zu erfolgen.

3. Wenn Luxemburg sich im Einklang mit der deutschen Auslegung des DBA-Luxemburg seines Quellenbesteuerungsrechts hinsichtlich der Ausschüttungen der SICAV bewusst ist, jedoch auf sein Besteuerungsrecht insoweit verzichtet, wird dieser Fall ist von § 50d Abs. 9 EStG nicht erfasst.

 

Normenkette

DBA-Luxemburg 1958 Art. 20 Abs. 2 Sätze 3, 1-2, Art. 2 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1; InvStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 5, 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 9; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 50d Abs. 9; KStG § 1 Abs. 1 Nrn. 1, 5, § 8b Abs. 1, 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.03.2021; Aktenzeichen I R 61/17)

 

Tenor

Die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2010 vom 23. Juli 2015 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 17. März 2016 werden dahingehend abgeändert, dass die Körperschaftsteuer für 2010 unter Berücksichtigung eines um EUR verminderten zu versteuernden Einkommens sowie unter Berücksichtigung einer um EUR verminderten Anrechnung ausländischer Steuern auf EUR und der Gewerbesteuermessbetrag für 2010 unter Berücksichtigung eines um EUR verminderten Gewerbeertrages auf EUR herabgesetzt wird.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten sich darüber, ob Ausschüttungen, welche die Klägerin im Jahr 2010 von der in Luxemburg ansässigen Gesellschaft B. SICAV (Société d'invetissement à capital variable) erhalten hat, nach Art. 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 des für 2010 geltenden Doppelbesteuerungsabkommens mit Luxemburg (DBA Luxemburg 1958) von der Besteuerung in Deutschland freizustellen sind (so die Klägerin) oder ob die Ausschüttungen nicht freizustellen sondern als Investmenterträge gem. § 5 Investmentsteuergesetz (InvStG) abweichend zu ermitteln und zu besteuern sind (so der Beklagte).

Die Klägerin wurde im Jahr 2009 mit Sitz in Z. gegründet und firmierte bis zur Gesellschafterversammlung vom 9. September 2010, in der der Sitz der Klägerin zugleich nach X. verlegt wurde, unter „C. GmbH”. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Verwaltung und langfristige Anlage eigenen Vermögens in einem oder mehreren in- und ausländischen Investmentfonds. Alleingesellschafter der Klägerin ist der D. e.V., der die Gesellschaftsanteile treuhänderisch für mehrere Konzerngesellschaften der Y-Bank hält. Die größten Anteile als Treugeber halten die Y-Bank 1 AG mit einem Anteil von ca. 72 v.H. sowie die Y-Bank 2 AG mit einem Anteil von ca. 23 v.H.

Seit dem 10. Dezember 2009 ist die Klägerin an der am 23. April 2009 von dem D. e.V. als damaligem alleinigem Gesellschafter der Klägerin gegründeten B. SICAV mit einem Anteil von 99,3 v.H. beteiligt. Die B. SICAV ist ausweislich Art. 1 sowie Art. 26 ihrer Satzung, die sowohl auf Französisch als auch auf Deutsch verfasst wurde, eine Kapitalgesellschaft (société anonyme) in der Form einer offenen Investmentgesellschaft nach luxemburgischem Recht. Gem. Art. 1 der Satzung kann sie mehrere Aktionäre haben und dem Anleger nach freiem Ermessen einen oder mehrere Teilfonds anbieten (Umbrella-Konstruktion). Die Gesamtheit der Teilfonds ergibt den Umbrellafonds, wobei die Rechte und Pflichten der Anteilinhaber in der Satzung geregelt sind (Art. 10ff der Satzung). Gesellschaftszweck der B. SICAV ist nach Art. 2 der Satzung der Erwerb, der Verkauf und die Verwaltung von Wertpapieren und sonstigen Vermögenswerten nach dem Grundsatz der Risikostreuung und mit dem Ziel, dass die Aktionäre von der Verwaltung ihrer Anlage profitieren. Die Gesellschaft kann zur Erfüllung dieses Zwecks jede Maßnahme ...

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