Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit gewillkürten Betriebsvermögens bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Zuordnung eines mit 10 v.H. betrieblich genutzten Kfz zum gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers. Einkommensteuer 1997

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens ist bei der Gewinnermittlung durch Überschussrechnung wegen des Grundsatzes der Gleichheit des Totalgewinns bei den verschiedenen Gewinnermittlungsarten zulässig.

2. Zuordnung eines mit 10 v.H. betrieblich genutzten Fahrzeugs zum gewillkürten Betriebsvermögen einer freiberuflichen Zahnarztpraxis durch Aufnahme des Fahrzeugs im Anlageverzeichnis.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3, § 12 Nr. 1, § 4 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.10.2003; Aktenzeichen IV R 13/03)

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 29. Oktober 1999 und der hierzu ergangene Einspruchsbescheid vom 6. Juni 2001 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2001 werden geändert; die Einkommensteuer 1997 wird herabgesetzt auf 6.675,94 EUR (= 13.057 DM).

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Zahnärztin und ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Absatz 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Den im Anlagenverzeichnis ihrer Gewinnermittlung aufgeführten PKW nutzt sie –insoweit unstreitig– zu 10 % für betriebliche Zwecke. In der Gewinnermittlung für das Streitjahr hat sie die angefallenen Kfz-Kosten (= 27.062 DM) zu 100 % berücksichtigt und wegen der privaten Nutzung des PKW von der 1 % – Regelung gemäß § 6 Absatz 1 Nr. 4 EStG Gebrauch gemacht (Wert der Privatnutzung = 10.734 DM), so dass sich insoweit per Saldo eine negative Ergebnisauswirkung in Höhe von 16.328 DM ergab.

Der Beklagte erkannte nach einer Betriebsprüfung neben den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb nur 10 % der auf das Kfz entfallenden Kosten als Betriebsausgaben an. Die Anwendung von § 6 Absatz 1 Nr. 4 EStG bei gleichzeitiger voller Berücksichtigung der Kfz-Kosten lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, das Kfz könne wegen der geringen betrieblichen Nutzung allenfalls sog. gewillkürtes Betriebsvermögen (BV) sein. Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, dürften jedoch gemäß 13 Abs. 16 Einkommensteuer-Richtlinien 1996/1998 (EStR) kein gewillkürtes BV bilden. Der Gewinn der Klägerin wurde deshalb insoweit im Ergebnis um 11.270 DM erhöht. Zur Kompensation dieser und weiterer Gewinnänderungen berücksichtigte der Beklagte im Einvernehmen mit der Klägerin weitere Sonderabschreibungen in Höhe von 14.000 DM.

Zur Begründung der nach erfolglosem Einspruchsverfahren am 11. Juni 2001 erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Bildung von gewillkürtem BV sei auch bei der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG zulässig, denn andernfalls würde der Grundsatz der Identität des Totalgewinns bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und dem Totalgewinn bei Überschussermittlern für den gleichen Betrieb durchbrochen. Sie begehrt deshalb die Berücksichtigung der erklärten Kfz-Kosten bei gleichzeitiger Minderung der Sonderabschreibungen in Höhe von 11.000 DM.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 29. Oktober 1999 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 6. Juni 2001 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2001 zu ändern und die Einkommensteuer auf 6.675,94 EUR (= 13.057 DM) herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verneint die Möglichkeit der Bildung von gewillkürtem BV bei Überschussermittlern und verweist auf die der Verwaltungsauffassung zugrunde liegende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit des Totalgewinns bei verschiedenen Gewinnermittlungsarten sei nicht feststellbar.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO–).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet; die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt. Zu Recht hat die Klägerin die auf das Kfz entfallenden Kosten in vollem Umfang als Betriebsausgaben berücksichtigt und wegen der privaten Nutzung von der Regelung des § 6 Absatz 1 Nr. 4 EStG Gebrauch gemacht.

Aufwendungen eines Steuerpflichtigen sind als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn sie betrieblich veranlasst sind. Soweit es sich bei den Aufwendungen um Absetzungen für Abnutzung handelt, muss es sich um ein Wirtschaftsgut des BV des Steuerpflichtigen handeln. Da die Klägerin das Fahrzeug nicht überwiegend für betriebliche Zwecke nutzt, ist es kein notwendiges BV. Die von der Klägerin praktizierte Handhabung setzt daher voraus,...

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