Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung der Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen als vollziehbarer Verwaltungsakt. einstweiliger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem Bescheid über die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO handelt es sich um einen vollziehbaren Verwaltungsakt, gegen den einstweiliger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung gewährt werden kann.

2. Die Feststellung bezieht sich nur auf die formelle Satzungsmäßigkeit (Gemeinnützigkeit). Über die Erteilung der jeweiligen Steuervergünstigung im Sinne der (auch) materiellen Gemeinnützigkeit wird erst (inzident) im Steuerbescheid (Freistellungsbescheid) entschieden. Eine Kontrolle der tatsächlichen Geschäftsführung findet im Feststellungsverfahren nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AO nicht statt.

3. Die Feststellung nach § 60a AO wirkt als sog. Dauerverwaltungsakt überperiodisch so lange, bis sie gemäß § 60a Abs. 3-5 AO außer Kraft tritt bzw. aufgehoben/geändert wird. Eine zeitliche Begrenzung der Feststellung (hinsichtlich Beginn und Dauer) ist verfahrensrechtlich nicht vorgesehen.

 

Normenkette

AO § 60a Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 114

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 02.12.2020; Aktenzeichen V B 25/20 (AdV))

 

Tenor

Die Vollziehung des „Bescheides über die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO” vom 10. Dezember 2019 wird mit der Maßgabe ausgesetzt, dass bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 12. Dezember 2019, längstens bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch vom 6. Januar 2020 vorläufig davon auszugehen ist, dass der Antragsteller mit der Satzung vom 10. März 2019 die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO einhält.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob hinsichtlich der am 10. März 2019 geänderten Satzung des Antragstellers nach § 60a der Abgabenordnung (AO) gesondert festzustellen ist, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO eingehalten sind.

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein (inzwischen Vereinsregister des Amtsgerichts Stendal, VR…). Er wurde im Jahr 2001 gegründet. Nach § 2 „Vereinszweck”) Abs. 1 seiner Satzung (in der von der Mitgliederversammlung vom 4. Mai 2017 beschlossenen und nach wie vor gültigen Fassung) dient der Antragsteller dem Erhalt, der Pflege und der Förderung der wissenschaftlichen Erforschung von Staat und Politik in den historischen, philosophischen, juristischen, ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Disziplinen und der Verbreitung der gewonnenen Erkenntnisse. Er widmet sich dem grundlegenden Bewusstsein der Rechtsgemeinschaft von ihrer politischen Einheit. In § 2 Abs. 2 der Satzung sind folgende Tätigkeiten des Antragstellers im Einzelnen aufgeführt, die er im Rahmen seines Vereinszwecks insbesondere beabsichtigt: die Förderung des akademischen Nachwuchses durch Seminare, Tagungen und Vortragsveranstaltungen; die finanzielle und fachliche Unterstützung von Forschungsarbeiten, die sich mit den Themen im Rahmen des Vereinszwecks befassen; die Förderung des wissenschaftlichen Austausches auf internationaler Ebene; die Vermittlung allgemeiner staats- und gesellschaftspolitischer Kenntnisse, mit der Absicht, die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern; die Unterstützung bei der Publikation bzw. die Publikation entsprechender Einzelveröffentlichungen und Schriftenreihen selbst. Nach § 2 Abs. 3 der Satzung ist jeder darüber hinausgehende wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ausgeschlossen; alle Mittel des Antragstellers dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.

Am 10. März 2019 beschloss die Mitgliederversammlung die Änderung von § 13 „Auflösung”) der Satzung (Eintragung der Änderung im Vereinsregister am 15. März 2019). Die Änderung betraf § 13 Abs. 2 der Satzung, in dem die Verwendung des Vereinsvermögens bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei dem Wegfall steuerbegünstigter Zwecke geregelt ist. Anlass der Satzungsänderung war, dass der Antragsgegner mit Bescheid vom 6. März 2019 „über die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO „ festgestellt hatte, dass der Antragsteller mit seiner Satzung in der Fassung vom 4. Mai 2017 nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO erfüllt. Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben seiner steuerlichen Berater vom 14. März 2019 Einspruch ein. Im Einspruchsschreiben beantragte der Antragsteller für die ab 10. März 2019 gültige Satzung die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2019 „über die Ablehnung einer gesonderten Fes...

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