rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerrechtlich wirksame Rückgängigmachung eines Grundstückskaufvertrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG bei bloßer Bindung der Beteiligten durch noch nicht gelöschte Auflassungsvormerkung. Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Kann eine Umgehung des § 16 GrEStG durch den Erwerber und den Veräußerer ausgeschlossen werden, weil der wirksame Rücktritt vom Vertrag vor Kaufpreiszahlung, Besitz- und Lastenübergang erfolgt ist, so dass keine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung erforderlich ist und sich die Bindung zwischen den Vertragsbeteiligten in dem Anschein einer Vormerkung, der mangels Gutglaubensschutzes keinen Rechtsschein im eigentlichen Sinne begründen kann, erschöpft und es der Verkäufer in der Hand hat, die Löschung der zu Gunsten des Käufers eingetragenen Vormerkung zu erwirken, ist ein grunderwerbsteuerlich relevantes Interesse an den durch den Kaufvertrag geschaffenen Rechtswirkungen zu verneinen; mithin der Grundstückskaufvertrag als rückgängig gemacht anzusehen ist.

 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 2; BGB §§ 894, 326 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

Der Ablehnungsbescheid vom 15.12.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 04.11.1999 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 10.11.1998 aufzuheben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Kläger erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 14.12.1995 (Urkundenrollennummer ..7/95 des Notars Frieder A.) eine unbebaute Grundstücksteilfläche in L. in einer Größe von ca. 840 qm und 825 qm zu einem Kaufpreis von 150.000,00 DM.

Nach § 1 des Vertrages ist die Verkäuferin verpflichtet, hinsichtlich einer Belastung im Grundbuch eine Pfandfreigabeerklärung der Gläubigerin dem Notar unter Fristsetzung zur Verfügung zu stellen.

In § 10 der Vereinbarung ist geregelt, dass die Verkäuferin bewilligt und die Kläger beantragen, im Grundbuch des Kaufgegenstandes zu Gunsten der Kläger eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung einzutragen. Ferner erklären die Kläger dort, dass sie schon jetzt bewilligen und beantragen, die vorgenannte Vormerkung zu löschen, u. a. falls ein Rücktritt von diesem Vertrag erklärt wird. Außerdem heißt es in § 10 des Vertrages, dass der Notar unwiderruflich angewiesen wird, die Löschung der Vormerkung zu beantragen.

Nachdem die Verkäuferin ihrer Verpflichtung aus § 1 des Kaufvertrages trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist im Sinne des § 326 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – durch die Kläger nicht nachgekommen war, erklärten diese mit Schreiben vom 29.02.1996 den Rücktritt vom Vertrag und teilten dies später dem Finanzamt mit. Der Notar erklärte gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 11.08.1998, dass sich die Vertragsparteien nach seiner Kenntnis im Streit darüber befinden, ob der von den Klägern erklärte Rücktritt wirksam sei. Aus diesem Grund hatte der Notar mit Schreiben vom 02.09.1996 den weiteren Vollzug des Kaufvertrages verweigert.

Mit Bescheiden vom 10.11.1998 setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer gegenüber den Klägern fest. Dagegen legten diese Einspruch ein und beriefen sich darauf, dass sie wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten seien, da die Nachfristsetzung ohne Erfolg geblieben sei. Ferner reichten die Kläger ein Schreiben der Verkäuferin vom 30.09.1998 ein, in dem diese sich zur Zahlung von 10.000,00 DM bereit erklärte, um die Löschungsbewilligung von den Klägern zu erhalten. Sie – die Verkäuferin – sei nur in der Lage 5.000,00 DM zu bezahlen; sie werde im Vertrag „einflechten lassen, dass die Notarin die noch offenen 5.000,00 DM Ihnen persönlich zukommen lässt”.

Daraufhin erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 15.12.1998, dass der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrunderwerbsteuergesetzGrEStG – erst erfüllt sei, wenn der Erwerbsvorgang zivilrechtlich wirksam aufgehoben und tatsächlich rückgängig gemacht worden sei. Die Vertragspartner müssten derart aus den vertraglichen Bindungen entlassen werden, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibe, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlange. Dazu gehöre auch, dass der ursprüngliche Grundbuchstand wieder hergestellt werde. Der Bundesfinanzhof – BFH – verlange auch die Löschung einer zu Gunsten der Erwerber eingetragenen Auflassungsvormerkung oder zumindest die entsprechende Zustimmung (Hinweis auf den Beschluss des BFH vom 10.07.1996 II B 139/95, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 1997, 61). Im Streitfall liege keine Bestätigung über die wi...

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