Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung der Einkünfte einer ausländischen Familienstiftung aus der Beteiligung an einer inländischen vermögensverwaltenden Personengesellschaft nach § 15 Abs. 1 S. 1 AStG nur bei Überschusserzielungsabsicht. Prognosezeitraum für Überschusserzielungsabsicht bei von vornherein geplanter Übertragung der Anteile an der Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft in einem Niedrigsteuerland

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einer ausländischen Familienstiftung als Kommanditistin einer inländischen rein vermögensverwaltend tätigen und nicht gewerblich geprägten KG können nach der insoweit vorzunehmenden Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nur dann Einkünfte der KG nach § 15 Abs. 1 S. 1 AStG zugerechnet werden, wenn auf der Ebene der Stiftung eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt. Handelt es sich bei den Einkünften der Stiftung um solche aus Kapitalvermögen, so ist die Einkünfteerzielungsabsicht für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu beurteilen.

2. Bei der Prüfung der Absicht einer ausländischen Familienstiftung, Einkünfte aus Kapitalvermögen aus Anteilen an einer inländischen vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu erzielen, ist im Falle einer aus steuerlichen Gründen von vornherein geplanten unentgeltlichen Übertragung der Anteile an der Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Niedrigsteuerland (Offshore-Gesellschaft), deren Anteile von der Familienstiftung gehalten werden, die Überschusserzielungsprognose nur für den Zeitraum vorzunehmen, in dem die ausländische Stiftung die Anteile an der Personengesellschaft voraussichtlich noch selbst hält. Der Prognosezeitraum erfasst nicht zusätzlich auch noch den Zeitraum des Haltens der Gesellschaftsanteile durch die Kapitalgesellschaft, da diese, wenn sie mit einer deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist, gem. § 8 Abs. 2 KStG nur gewerbliche und nicht mehr Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt.

 

Normenkette

AStG 1972 § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 3; AO § 39 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1; KStG § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.04.2018; Aktenzeichen I R 2/16)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurechnung eines negativen Einkommens aus einer Familienstiftung mit Sitz in … nach § 15 AStG.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und aus privaten Veräußerungsgeschäften.

Mit Gründungsurkunde vom … wurde durch den Kläger unter dem Namen „…-Stiftung” eine Stiftung (Stiftung) in …, gegründet. Zu Mitgliedern des Stiftungsrates wurden mit Einzelzeichnungsrecht … W, Rechtsanwalt, und S, Rechtsanwalt, bestellt. Letzterer wurde mit der gesetzlichen Repräsentanz im Sinne der Art. 239 bis 243 des … Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) betraut.

Die Statuten der Stiftung enthalten u.a. folgende Bestimmungen:

„…

Art. 4

Reglement

Die Begünstigten sowie das Ausmaß der Begünstigung werden in einem Reglement bestimmt, welches durch den Stifter zu erlassen ist.

Art. 5

Ausrichtungen

Der Stiftungsrat beschließt über die Höhe und die Art der Zuwendungen an Stiftungsbegünstigte im Rahmen des Reglements. Regelmäßige und wiederkehrende Bezüge sind ausgeschlossen.

Der Stiftungsgenuss der Begünstigten kann ihnen durch ihre Gläubiger auf dem Wege des Sicherungsverfahrens, der Zwangsvollstreckung oder des Konkurses nicht entzogen werden (Art. 567 PGR).

Art. 6

Stiftungsrat

Organ der Stiftung ist der Stiftungsrat, bestehend aus einem oder mehreren Mitgliedern. Die Amtsdauer des Stiftungsrates beträgt fünf Jahre.

Art. 7

Protektor

Herr … hat das Recht einen Protektor oder eine Protektorin (der „Protektor”) zu ernennen. Der Protektor hat die in diesem Statut bestimmten Rechte und Pflichten.

Folgende Maßnahmen des Stiftungsrates bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Protektors: (i) jede Darlehensaufnahme, die CHF … insgesamt über die Laufzeit übersteigt oder die zu einer Verschuldung der Stiftung von insgesamt mehr als CHF … führt, (ii) jede Auszahlung aus dem Vermögen der Stiftung, die CHF … übersteigt, (iii) Änderungen der Statuten, (iv) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Vermögen, das einen Wert von CHF … übersteigt, (v) Wahrnehmung von Gesellschafterrechten in Personen- und Kapitalgesellschaften und (vi) alle Geschäfte oder Maßnahmen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftsführung.

Die Amtsdauer des Protektors ist unbefristet. Der Protektor ernennt seinen Nachfolger selbst.

Art. 8

Funktionen des Stiftungsrates

Der Stiftungsrat vertritt die Stiftung in rechtsverbindlicher Weise gegenüber den Stiftungsberechtigten und Dritten und bildet durch seine Beschlüsse unter Wahrung der Vorschriften dieses Statuts den Stiftungswillen.

Er konstituiert sich mit Zustimmung des Protektors selbst und bezeichnet mit Zustimmung des Protektors diejenigen Personen, welche zur Vertretung der ...

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