rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Befugnis des Schenkers eines Grundstücks und Schuldners der Schenkungsteuer zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den wegen der Schenkung erlassenen Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes. keine Einschränkung der auf § 350 AO beruhenden Rechtsbehelfsbefugnis durch § 155 BewG in der vor 2009 gültigen Fassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat sich der Schenker eines Grundstücks zur Übernahme einer wegen der Schenkung ggf. anfallenden Schenkungsteuer verpflichtet, ist er nach § 350 AO zur Einlegung eines Einspruchs gegen den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes befugt. Da bei der Schenkungsteuer nach § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG der Schenker und der Beschenkte gesamtschuldnerische Steuerschuldner sind, ist auch der Schenker als Steuerschuldner der Schenkungsteuer bezüglich des Feststellungsverfahrens nach den §§ 151 ff. BewG Beteiligter i. S. d. § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG.

2. Der Kreis der nach § 350 AO Rechtsbehelfsbefugten wird nicht durch die §§ 154, 155 BewG eingeschränkt. Vielmehr hat § 155 BewG den Zweck, die Rechtsbehelfsbefugnis über die nach § 350 AO Rechtsbehelfsbefugten hinaus auf die am Feststellungsverfahren Beteiligten i. S. d. § 154 Abs. 1 BewG sowie diejenigen, für deren Besteuerung nach dem GrEStG der Feststellungsbescheid von Bedeutung ist, auszuweiten.

 

Normenkette

AO §§ 350, 44, 179 Abs. 2 S. 1, § 352; BewG § 154 Abs. 1 Nr. 1, §§ 151, 155 Sätze 1-2; ErbStG § 20 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.07.2011; Aktenzeichen II R 44/10)

 

Tenor

Die Einspruchsentscheidung vom … betreffend den Bescheid vom … über die gesonderte und einheitlich Feststellung des Grundstückswertes zum … für das Grundstück … wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v. H. des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Verwerfung ihres Einspruchs gegen einen Bescheid über die Feststellung eines Grundbesitzwertes als unzulässig.

Sie war Eigentümerin des Grundstücks … in …. Die Fläche des Grundstücks beträgt … qm. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude ist vermietet.

Die Klägerin schenkte mit notariellem Vertrag vom … das Grundstück ihrer Tochter, Frau L.. In dem Vertrag wurde vereinbart, dass eine etwaige Schenkungsteuer von der Klägerin zu tragen sei. Der Klägerin wurden Nießbrauchsrechte auf Lebenszeit vorbehalten, deren Jahreswert mit EUR … angegeben wurde. Den Verkehrswert gaben die Vertragsparteien mit EUR … an.

Am … gab Frau L. eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts, bei deren Anfertigung die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitwirkten, für das Grundstück ab. Die übliche Monatsmiete für das Einfamilienhaus wurde mit EUR … angegeben (Bl. 20R Einheitswertakten). Am selben Tage gab sie auch eine Schenkungsteuererklärung ab, bei deren Anfertigung ebenfalls die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitwirkten. Der Wert des Grundvermögens wurde mit EUR … angegeben (Bl. 5, 7 Schenkungsteuerakten).

Mit Bescheid über Schenkungsteuer vom … teilte die Erbschaftsteuerstelle des Beklagten der Klägerin mit, dass nach den eingereichten Unterlagen eine Schenkungsteuer nicht festzusetzen sei.

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswerts zum … vom … wurde gegen Frau L. der Grundstückswert mit EUR … festgesetzt. Für die Festsetzung wurde ein Ertragswert in Höhe von EUR … auf Grundlage der von Frau L. angegebenen Monatsmiete ermittelt. Weiterhin wurde ein Mindestwert anhand der Grundstücksfläche ermittelt, indem ein Wert von EUR …/qm angesetzt wurde. Von dem so errechneten Betrag von EUR … wurde ein Abschlag von 20 % (= EUR …) vorgenommen, so dass EUR …verblieben. Dieser Wert wurde auf EUR … abgerundet.

Mit Änderungsbescheid vom … wurde unter Hinweis auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Schenkungsteuer mit EUR … festgesetzt. Dieser Betrag wurde zinslos gestundet. Der Ablösebetrag für die zinslos gestundete Steuer wurde mit EUR … festgesetzt. Der Festsetzung wurde der mit Feststellungsbescheid vom … festgesetzte Grundbesitzwert zu Grunde gelegt.

Mit Schreiben vom … legte die Klägerin am … Einspruch gegen den Schenkungsteuerbescheid vom … ein. Zur Begründung wandte sie sich gegen die Auswertung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswertes zum … vom …. Weiterhin legte sie „hilfsweise” gegen den Feststellungsbescheid vom … Einspruch ein und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Mit Einspruchsentscheidung vom … wurde der Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswertes zum … vom … al...

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