Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegepauschbetrag bei Pflegegeldzahlung durch die Pflegeversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umstand, dass ein pflegebedürftiges Kind von der Pflegeversicherung ein monatliches Pflegegeld von 800 DM erhält, bewirkt nicht, dass dieses Pflegegeld als Einnahme der Mutter für die Pflege des Kindes zu behandeln ist, soweit sie nicht die Verwendung dieses Pflegegeldes für ihr Kind nachweist.

2. Der Ausschluss des Pflegepauschbetrags, wenn die Pflegeperson für die Pflege eigene Einnahmen erhält (§ 33b Abs. 6 Satz 1 EStG), bürdet der Finanzverwaltung die Feststellungslast für eigene Einnahmen der Pflegeperson für die Pflege auf.

 

Normenkette

EStG § 33b Abs. 6 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.03.2002; Aktenzeichen III R 42/00)

 

Tatbestand

Mit ihrer Klage will die Klägerin erreichen, daß bei ihrer Einkommensteuerveranlagung 1997 der Pflegepauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 6 EStG in Höhe von 1.800,– DM steuermindern berücksichtigt wird. Die Klägerin pflegt und betreut ihre am 14.02.1963 geborene Tochter. Im Streitjahr betrug der Grad der Behinderung der Tochter 100 v.H. und es wurden folgende gesundheitliche Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen festgestellt: „H”, „G”, „aG”, „B” und „RF”. An Behinderungen lagen vor

  1. Morbus Down;
  2. Angeborene Herzfehler (Vorhof- und Ventrikelseptumdefekt) sowie offener Ductus arteriosus, Botalli mit gekreiztem Shunt. Herzinsuffizienz.

Seit 01.04.1995 bezog die Tochter, der die Barmer Ersatzkasse mit Bescheid vom 01.04.1995 Pflegegeld der Pflegestufe II bewilligte, ein monatliches Pflegegeld von DM 800,–.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung, die beim Beklagten am 28.09.1998 eingegangen ist, beantragte die Klägerin unter Vorlage des Schwerbehindertenausweises die Gewährung des Pflegepauschbetrages wegen der Pflege der Tochter. Mit Schreiben vom 19.10.1998 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß der Pflegepauschbetrag nur ausnahmsweise in den Fällen gewährt werden könne, in denen für die familiäre Pflege kein Pflegegeld mehr zur Verfügung stehe, und forderte die Klägerin auf mitzuteilen, wofür das Pflegegeld verwendet worden sei. Am 17.11.1998 wurde telefonisch auf den Ansatz des Pflegepauschbetrages verzichtet. Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 07.12.1998 den streitigen Einkommensteuerbescheid; der Pflegepauschbetrag wurde steuerlich nicht berücksichtigt.

Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Das der Tochter gewährte Pflegegeld stelle keine Einnahmen der Klägerin für die Pflege ihrer Tochter dar. Die Klägerin erhalte das Pflegegeld nicht als Aufwendungsersatz oder Entgelt zu ihrer persönlichen Verfügung, sondern als Elternteil eines nicht geschäftsfähigen, pflegebedürftigen Kindes direkt von der Pflegeversicherung und verwende es unmittelbar zur Sicherung der erforderlichen Grundpflege sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung des Pflegebedürftigen. Sie verwies dazu auf Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Bremen (siehe Blatt 23 der RB-Akte). Weiter legte sie unter dem 28.06.1999 eine Aufstellung über Aufwendungen vor, die aus dem Pflegegeld im Streitjahr zur Finanzierung sozialtherapeutischer Gruppenreisen getätigt worden waren:

vom

27.12.96

- 5.1.97 =

DM

888,-

19.7.97

- 9.8.97 =

DM

1.708,-

30.08.97

- 7.9.97 =

DM

833,-

27.12.97

- 4.1.98 =

DM

722,-

Summe

DM

4.151,-

Mit Einspruchsentscheidung vom 04.08.1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zwar sei nicht streitig, daß die Klägerin ihre nicht nur vorübergehend hilflose Tochter gepflegt habe, jedoch könne der Pflegepauschbetrag deshalb nicht gewährt werden, weil eine außergewöhnliche Belastung der Klägerin im Sinne des § 33 b Abs. 6 EStG mangels Zwangsläufigkeit der (pauschalierten) Aufwendungen scheitere. Die für einen Unterhaltsberechtigten aufgewendeten Kosten stellten lediglich insoweit eine außergewöhnliche Belastung dar, als der pflegebedürftigen Person hierfür keine eigenen Mittel zur Verfügung stünden. Grundsätzlich seien die pauschalierten Aufwendungen um das von der Pflegeversicherung dem Pflegebedürftigen gezahlte Pflegegeld für die häusliche Pflege zu kürzen. Damit sei unerheblich, ob das Pflegegeld an die Pflegeperson weitergeleitet werde oder dem Pflegebedürftigen verbleibe. Da die Klägerin pflegebedingte Kosten für die Tochter in Höhe von DM 4.151,– DM für sozialtherapeutische Gruppenreisen nachgewiesen habe, verbleibe von dem der Tochter gezahlten Pflegegeld von 9.600 DM jährlich ein Rest an Pflegegeld, das den Pflegepauschbetrag auf 0,– DM mindere.

Am 01.09.1999 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wendet sich gegen die Rechtsauffassung des Beklagten, pflegebedingte Aufwendungen der Pflegerin seien nicht zwangsläufig, soweit ihrer Tochter Pflegegeld zur Verfügung stehe, das den Pflegepauschbetrag übersteige. Eine solche Regelung sei im Gesetz nicht vorgesehen. § 33 b Abs. 6 EStG gehe vielmehr vom Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung aus. Die Vorschrift solle Anreiz für die Pflege im Angehörige...

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