Entscheidungsstichwort (Thema)

Schönheitsoperation umsatzsteuerpflichtig

 

Leitsatz (redaktionell)

Medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen unterfallen nicht der Umsatzsteuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen V R 27/03)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Im Rahmen von Privatliquidationen führte er medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen durch. Dadurch erzielte der Kläger folgende Nettoumsätze:

1996

104.391,00 DM

1997

246.617,00 DM

1. Quartal 1998

194.513,00 DM

2. - 4. Quartal 1998

372.506,00 DM

Zur Umsatzsteuer wurde der Kläger zunächst nicht veranlagt.

Vom 21. August 2000 bis 11. September 2001 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien, da sie nicht vom Regelungsbereich der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz - UStG - umfasst seien. Der Prüfer ermittelte auch die mit den vorstehend bezeichneten Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern.

Dem folgend erließ der Beklagte am 15. Januar 2002 erstmalige Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1998, mit denen er die Umsatzsteuer für 1996 auf 7.943,94 ı, für 1997 auf 18.635,57 ı und für 1998 auf 44.556,02 ı festsetzte.

Dagegen legte der Kläger am 12. Februar 2002 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 2002 zurückwies.

Darauf hat der Kläger am 12. Juli 2002 Klage erhoben.

Er macht geltend, nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 UStG seien auch die medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen von der Umsatzsteuer befreit. Denn die genannte Vorschrift befreie generell die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt und die Schönheitsoperationen stellten eine so genannte Vorbehaltsaufgabe des Arztberufes dar.

Selbst wenn diese Auffassung unzutreffend sein sollte, habe er bis zum Ergehen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 13. Februar 2001 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 2001, 157) auf die Steuerfreiheit der streitbefangenen Leistungen vertrauen können, sodass eine Schlechterstellung nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung - AO - ausscheide. Jedenfalls sei eine abweichende Rechtsanwendung unbillig, da er sich nicht rechtzeitig darauf habe einstellen können.

Der Kläger beantragt,

abweichend von den Umsatzsteuerbescheiden 1996 bis 1998 vom 15. Januar 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 2002 die Umsatzsteuer auf jeweils 0,00 DM festzusetzen,

hilfsweise,

im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage für unbegründet. Nach Sinn und Zweck des § 4 Nr. 14 UStG seien von der Umsatzsteuer nur solche Leistungen befreit, die ihrer Art nach von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden. Auch nach richtlinienkonformer Auslegung sei die Steuerbefreiung auf Leistungen beschränkt, die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umfassten. Auch das BMF-Schreiben in BStBl I 2001, 157 dokumentiere keinen Sinneswandel in der Verwaltungsauffassung, da es ausschließlich die ärztliche Tätigkeit als Sachverständiger betreffe.

Nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2002 hat der Kläger am 1. November 2002 beim Beklagten einen Antrag auf abweichende Festsetzung der Umsatzsteuer gemäß § 163 AO gestellt und gleichzeitig bei Gericht beantragt, darüber im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens abschließend zu entscheiden oder das hiesige Klageverfahren bis zur Entscheidung des Beklagten ruhen zu lassen. Nachdem das Gericht den Kläger-Vertreter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass es für die Berücksichtigung des Billigkeitsbegehrens im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens keine Rechtsgrundlage sehe, ebenso wenig Anlass für eine Aussetzung des hiesigen Verfahrens, ist der Klägervertreter darauf nicht mehr zurückgekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der beigezogenen Akten Bezug. Dem Gericht haben je eine Umsatzsteuer- und Betriebsprüfungsakte vorgelegen, die vom Beklagten für den Kläger unter der Steuernummer ... geführt werden.

 

Entscheidungsgründe

Der Kläger hat seinen Aussetzungsantrag zwar in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt aber auch nicht ausdrücklich zurückgenommen. Daher nimmt das Gericht vorsorglich dazu Stellung. Es sieht zu einer Aussetzung gemäß § 74 FGO keinen Anlass. Zwar kann ein Antrag auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO Anlass für eine Aussetzung des Klageverfahrens betreffend die zugrunde liegende Steuerfestsetzung sein, jedoch ist das Gericht nicht dazu verpflichtet. Vielmehr hat es insoweit sein Ermessen auszuüben (ständige Rechtsprechung vgl. z. B. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 31. Juli 1997 IX B 13/97, Sammlung amtlich n...

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