rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ende der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO

 

Leitsatz (amtlich)

Das Ende der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO wird allein durch die Bekanntgabe des Grundlagenbescheides bestimmt und tritt unabhängig davon ein, wann das für den Folgebescheid zuständige Finanzamt Kenntnis von dem Grundlagenbescheid erhält.

 

Normenkette

AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.01.2005; Aktenzeichen X R 14/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Einkommensteuerbescheide vom 18. Juni 2003 bzw. 3. Juli 2003 der Ablauf der Festsetzungsfrist im Sinne des § 169 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung -AO- nach § 171 Abs. 10 AO noch gehemmt und ob nicht bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. Zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide für 1994-1997 war die allgemeine Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO in Verbindung mit § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO bereits abgelaufen. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten mit Recht kein Streit.

Der Kläger war an der A Gesellschaft bürgerlichen Rechts - A GbR - beteiligt, die unter der Steuernummer ... beim Finanzamt B steuerlich geführt wurde. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ das Finanzamt B am 11. Mai 2001 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung geänderte Feststellungsbescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1994 bis 1998 und teilte die geänderten Besteuerungsgrundlagen dem Beklagten mit Schreiben vom 8. Mai 2001 mit. Die Feststellungsbescheide wurden nach Rücknahme der gegen sie beim Finanzgericht Berlin -eingelegten Klage am 17. September 2003 bestandskräftig. Der Beklagte änderte die Veranlagung zur Einkommensteuer 1994-1997 mit Bescheiden vom 18. Juni 2003 bzw. vom 3. Juli 2003 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sowie für 1992 nach § 10 d Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes -EStG- mit Bescheid vom 18. Juni 2003, weil wegen der Änderung des Bescheides für 1994 ein auf 1992 rücktragbarer Verlust weggefallen war.

Die Kläger legten gegen diese Änderungsbescheide mit Schreiben vom 14. Juli 2003 Einspruch ein und begründeten ihn damit, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei und die Bescheide daher ersatzlos aufgehoben werden müssten. Nach § 171 Abs. 10 AO ende die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides. Die Zweijahresfrist beginne mit dem Ablauf des Tages, an dem der Grundlagenbescheid dem Adressaten bekannt gegeben worden sei, hier dem 14. Mai 2001, und sei folglich am 14. Mai 2003, also noch vor Erlass der Änderungsbescheide, abgelaufen. Der Fristablauf nach § 171 Abs. 10 AO setze nicht voraus, dass der Grundlagenbescheid unanfechtbar sei. Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides trete vielmehr schon vor Eintritt der formellen Bestandskraft ein. Die Anfechtung des Grundlagenbescheides habe lediglich eine Hemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO, nicht aber eine Ablaufhemmung der von ihm abhängigen Folgesteuern zur Folge. Um den Ablauf der Festsetzungsfrist für die Folgesteuern zu vermeiden, müsse das Finanzamt innerhalb der Zweijahresfrist Folgebescheide erlassen. Sofern der Grundlagenbescheid, gegen den Einspruch eingelegt worden sei, im Rahmen des anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben oder geändert werde, werde die zweijährige Anpassungsfrist im Sinne des § 171 Abs. 10 AO für diese Aufhebung oder Änderung wieder neu in Kraft gesetzt. Im Ergebnis bedeute dies, dass durch das Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid zwar die Feststellungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO für den Grundlagenbescheid gehemmt sei, nicht jedoch die Festsetzungsfrist für die Folgebescheide.

Seine ablehnende Einspruchsentscheidung vom 13. August 2003 begründete der Beklagte damit, dass die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1994-1997 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zu Recht erfolgt sei. Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO könne ein Steuerbescheid (Folgebescheid) erlassen, aufgehoben oder geändert werden, soweit ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert werde. Nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO werde der Ablauf der Festsetzungsfrist für eine Folgesteuer im Ausmaß der Bindungswirkung des Grundlagenbescheides geändert, soweit und solange der Grundlagenbescheid in offener Feststellungsfrist noch zulässig ergehen oder korrigiert werden könne. Die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid laufe daher im Umfang der Bindungswirkung des Grundlagenbescheides solange nicht ab, als die Feststellungsfrist für den Grundlagenbescheid noch nicht abgelaufen sei. Die Festsetzungsfrist ende für den Folgebescheid nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO demnach nicht, wenn ein Rechtsbehelfsverfahren gegen den Grundlagenbescheid anhängig sei. Folglich seien die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1994-1997 innerhalb der Fe...

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