Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung wegen Rückgängigmachung des Kaufvertrags aufgrund einer für den Käufer schon beim Kauf aus den Anlagen zum Kaufvertrag ersichtlichen unzutreffenden falschen Wohnflächenberechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG zur Rückgängigmachung der Steuerfestsetzung von Grunderwerbsteuer infolge eines schweren und nicht behebbaren Mangels liegen nicht vor, wenn für die Käuferin schon beim Erwerb einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung aus den im Kaufvertrag in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig ersichtlich war, dass die Wohnfläche infolge einer unzutreffenden Wohnflächenberechnung (u. a. vollständige Einbeziehung von Treppen /Treppenhaus, 50%ige Einbeziehung der Terrassen) deutlich überhöht angegeben war, und wenn die Käuferin wegen der unrichtigen Wohnflächenangabe später einseitig die Rückabwicklung des Kaufvertrags initiiert und durchgesetzt hat.

2. Mit „Vertragsbedingungen” i. S. d. § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG sind die „Vertragsbestimmungen” gemeint (vgl. BFH, Urteil v. 15.2.1978, II R 177/75). Bei Nichterfüllen der Vertragsbedingungen muss das Rechtsgeschäft aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht werden. Der Rechtsanspruch auf Rückübertragung und die erfolgte Rückübertragung müssen kausal verbunden sein.

 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 2 Nr. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.02.2020; Aktenzeichen II R 4/18)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vorgelegen haben.

Mit notariellem Kaufvertrag des Notars B, C…, Urkundenrolle …/2006 vom 14. August 2006 erwarb die Klägerin eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in der D…-straße, C… (Wohneinheit Nr. 7). Veräußerin war die E… GmbH & Co KG. Deren Komplementärin war die Grundstücksgesellschaft F… mbH. Geschäftsführer der Komplementärin war Herr G…, der Bruder der Klägerin. Mit der Errichtung der Wohneinheiten war die H… GmbH beauftragt.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war das Grundstück noch unbebaut bzw. der Rohbau bereits teilweise errichtet. Geplant war die Errichtung eines sechsgeschossigen Vorderhauses/Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage sowie einem vier- und zweigeschossigen Gartenhaus zur Wohnnutzung.

In § 1 des Kaufvertrages war in Bezug auf die Ausführung des Bauvorhabens geregelt:

„Das Bauvorhaben wird nach den der UR-Nr. …/2015 vom 28.01.2005 als Anlagen und wesentlichen Bestandteilen beigefügten Plänen und Baubeschreibung sowie der Baugenehmigung …/05 sowie des Nachtrags vom 15.11.2005 zur Baugenehmigung erstellt, soweit nicht in der vorliegenden Urkunde abweichende Vereinbarungen und Pläne enthalten sind. Zu der vorgenannten Urkunde hat der Verkäufer des Grundstücks gemäß § 8 WEG nebst Gemeinschaftsordnung auf der Grundlage der am 15.11.2005 beantragten Abgeschlossenheitsbescheinigung des zuständigen Bezirksamts, Abteilung Bauen, Stadtplanung und Naturschutz, Bauordnungsamt – Bauaufsichterklärt.”

Ausweislich der Teilungserklärung (Urk-Rolle …/2015 des Notars I…) und den dazugehörenden Grundrissen wurde für die Wohnung Nr. 7 eine Grundfläche ohne Keller von 279,73 qm berechnet; dabei wurden die Terrassen zu 50 % berücksichtigt. Treppen und Treppenhaus wurden ausweislich der Grundrisse ebenfalls in die Berechnung der Wohnfläche einbezogen. Dabei wird auf den Grundrisszeichnungen für jedes Geschoss die qm-Zahl der einzelnen Räume einschließlich der Treppe im 2. OG sowie auf dem Grundriss für das EG die zusammengefassten Werte für das 2. und 3. OG sowie das Treppenhaus für den Bereich EG und 1. OG (alleiniger Zugang für die Wohneinheit 7) angegeben.

In Bezug auf die Wohnung bzw. den Kaufgegenstand enthält der Kaufvertrag folgende Regelung:

„Im Grundbuchamt des Amtsgerichts C… ist im Grundbuch von Mitte Bl. 17… N lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses unter anderem nach folgender Grundbesitz verzeichnet: Flur 20 Flurstück 1… groß 1014 qm”, (§ 1 Nr. 2 des Kaufvertrags). Es wurde insbesondere durch Teilungserklärung unter anderem folgende Teileigentumseinheit begründet:

Teileigentumseinheit

10.000stel Miteigentumsanteil

Nr. 7

1.506.77/10.0000

Wohnfläche ca. 270 qm

17 (Tiefgarage)

88,28/10.000

– nachfolgend Kaufgegenstand genannt.”

Der Kaufpreis betrug gemäß § 3 des notariellen Kaufvertrages insgesamt EUR 600.000. Im Übrigen enthielt der Vertrag übliche Regelungen für einen Bauträgervertrag nach MaBV. Insbesondere sollten sich gemäß § 5 des Vertrages sämtliche Ansprüche des Käufers des Kaufgegenstands nach dem Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) richten. Das Recht, den Kaufvertrag wegen Mängeln an dem Bauwerk rückgängig zu machen, wurde ausgeschlossen, sofern nicht ein schwerer und unbehebbarer Mangel vorliege (§ 5 Nr. 1 Abs. 4).

Nach § 5 Nr. 3 verpflichtete sich die Verkäuferin, die Wohnanlage und insbesondere das Vertragsobjekt nach der Baube...

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