Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerblicher Grundstückshandel. keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsaufwendungen für die Fremdfinanzierung von zur Weiterveräußerung bestimmten Grundstücken als Entgelte für Dauerschulden. Beklagtenwechsel bei Erlass eines Änderungsbescheids durch ein anderes FA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vorübergehende Verbindlichkeiten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr des Unternehmens regelmäßig eingegangen und aus den laufenden Geschäftseinnahmen abgedeckt zu werden pflegen, sind keine Dauerschulden, sondern laufende Schulden, deren Zinsen nicht dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind.

2. Beim gewerblichen Grundstückshandel gehören die zum Zwecke der alsbaldigen Weiterveräußerung erworbenen Immobilien vom Zeitpunkt ihres Erwerbs an zum Umlaufvermögen des Unternehmens, und zwar auch dann, wenn sie vor dem Weiterverkauf noch modernisiert oder saniert werden sollen.

3. Jedenfalls bis zum Bilanzstichtag 31.12.1999 gehören zum Umlaufvermögen auch sog. mieterprivatisierungsgebundene Wohnungen, die nur an die jeweiligen Mieter veräußert werden durften und hinsichtlich derer den Mietern ein lebenslanges Wohnrecht garantiert worden war.

4. Wird ein Änderungsbescheid von einem anderen FA erlassen als der ursprüngliche Bescheid und wird der Änderungsbescheid gemäß § 68 S. 1 FinanzgerichtO Gegenstand des Klageverfahrens, so richtet sich die Klage nunmehr gegen das FA, das den Änderungsbescheid erlassen hat.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2; FGO § 68 S. 1, § 57 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2009; Aktenzeichen IV R 48/07)

 

Tenor

Der Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1999 wird unter Änderung des Bescheids vom 12. Februar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. August 2003 sowie des Bescheids vom 8. Dezember 2006 unter Zugrundelegung eines verbleibenden Gewerbeertrags in Höhe von … DM festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den bis zum 12. Dezember 2006 entstandenen Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 78 v. H. und der Beklagte 22 v. H. zu tragen. Von den danach entstandenen Kosten hat die Klägerin 77 v. H. und der Beklagte 23 v. H. zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr 1999 Zinsaufwendungen für die Fremdfinanzierung von Grundstückskäufen als Entgelte für Dauerschuldzinsen im Sinne von § 8 Nr. 1 des GewerbesteuergesetzesGewStG – zu qualifizieren und deshalb die Hälfte dieser Aufwendungen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind.

Unternehmensgegenstand der mit Vertrag vom 27. März 1997 in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG mit Sitz in H. gegründete Klägerin ist der „Erwerb von genossenschaftlichen oder kommunalen Wohnungen, deren Sanierung und Modernisierung sowie die Weiterveräußerung nach bzw. auch vor Bildung individuellen Wohnungseigentums”. Sie fungierte als Zwischenerwerberin im Sinne des Zwischenerwerbermodells nach dem Gesetz über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet – Altschuldenhilfegesetz [AHG] – vom 23. Juni 1993 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 1993, 944).

Komplementärin ohne eigene Einlage war im Streitjahr 1999 die Fa. G. Gesellschaft mbH, F., Kommanditisten die Fa. C. GmbH, F. sowie Dipl.-Ing. W. aus B..

Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Bilanzierung. Sie hatte ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, welches in den ersten Kalenderjahren nach Gründung des Unternehmens jeweils am 1. Juli eines Jahres begann und Mitte 1999 auf einen Beginn jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres umgestellt wurde, so dass sich für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1999 ein Rumpfwirtschaftsjahr ergab.

Nach § 5 Abs. 1 AHG wurde Wohnungsunternehmen die Möglichkeit geboten, sich die für erforderliche Investitionen benötigte Liquidität durch Veräußerung von Wohnungen vorrangig an Mieter zu beschaffen. Ein Wohnungsunternehmen hatte hierfür mindestens 15 v. H. seines zahlenmäßigen Wohnungsbestandes mit mindestens 15 v. H. seiner Wohnfläche (nach dem Stand vom 1. Januar 1993) bis zum 31. Dezember 2003 zu veräußern. Mit dieser Veräußerung konnten die Wohnungsunternehmen die nach dem AHG geforderten Voraussetzungen schaffen, wonach durch den Erblastentilgungsfonds eine Schuldenübernahme für Altverbindlichkeiten (Teilentlastung) erfolgen konnte.

Waren objektbezogen weniger als ein Drittel der Miethaushalte an einem Wohnungskauf interessiert, konnte das Wohnungsunternehmen gemäß Schreiben des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 18. Mai 1995 auch an einen rechtlich selbständigen Erwerber „Zwischenerwerber”) veräußern. Dieser musste sich bei Erwerb zur Durchführung der notwendigen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen verpflichten und den Mietern ein konkretes Kaufan...

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