Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Zahlung von Erschließungsbeiträgen bzw. Straßenausbaubeiträgen für die Herstellung einer Straße

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 S. 1 EStG für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen umfasst nicht Maßnahmen für die erstmalige Herstellung. In diesem Sinne ist der Ersatz einer unbefestigten Sandstraße durch eine Mischverkehrsfläche mit einer Asphaltbahn nebst angepflastertem Bereich und Straßenbegleitgrün (also die erstmalige Herstellung einer asphaltierten Straße) steuerlich nicht als erstmalige Herstellung des vorbeiführenden Verkehrsweges, sondern als dessen Modernisierung einzustufen.

2. Der Eigenanteil der Gemeinden nach § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB bei der Erstellung von Straßen ist kein Zuschuss i. S. d. § 35a Abs. 3 S. 2 EStG. Die Steuerermäßigung ist grundsätzlich auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Handwerker, die die Straße hergestellt haben, nicht direkt von den Anliegern, sondern indirekt über die Gemeinde bezahlt worden sind und die Gemeinde dies den Anlegern in Form einer öffentlich-rechtlichen Umlage in Rechnung gestellt hat.

3. Bei der Erstellung von Straßen sind nur Grundstückszufahrten ab Abzweigung von der eigentlichen Straße, die nur einem Grundstück dienen, grundstücksbezogen und damit haushaltsbezogen i. S. d. § 35a Abs. 4 S. 1 EStG. Hingegen ist die Straße selbst, die das Gebiet durchzieht und an der mehrere Häuser liegen, nicht grundstücksbezogen und damit nicht haushaltsbezogen. Für die Errichtung der Straße selbst gezahlte Erschließung- bzw. Straßenausbaubeiträge berechtigen die Anleger daher nicht zur Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG (Anschluss an FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.4.2015, 11 K 11018/15; gegen FG Nürnberg, Urteil v. 24.6.2015, 7 K 1356/14, sowie gegen Sächsisches FG, Urteil v. 12.11.2015, 8 K 194/15).

 

Normenkette

EStG 2015 § 35a Abs. 3 Sätze 1-2, Abs. 4 S. 1; BauGB § 129 Abs. 1 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.04.2020; Aktenzeichen VI R 50/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abziehbarkeit eines Erschließungsbeitrages für die Herstellung einer Straße als Handwerkerleistung gemäß § 35a Abs. 3 EStG im Streitjahr 2015.

I.

Die Kläger sind getrennt veranlagte Eheleute und wohnten schon eine Weile in ihrem Eigenheim im C.-weg, einer unbefestigten Sandstraße.

In der Einwohnerversammlung am 26.08.2014 gab die Gemeinde bekannt, dass sie den C.-weg auszubauen beabsichtige.

Mit „Vorausleistungsbescheid” vom 12.05.2015 an die Kläger (ESt-A des Klägers Bl. 13 = FG-A Bl. 36) zog die Gemeinde die Kläger zu einer Vorausleistung für die Finanzierung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands in Höhe von 3.267,05 EUR heran. Dem lag zugrunde, dass die Gemeinde mit dem Straßenbau begonnen hatte und deswegen 50 % des voraussichtlichen Beitrags als Vorausleistung erhob. Als Rechtsgrundlage wurden §§ 127 ff, 242 Abs. 9 BauGB sowie die Gemeindesatzung über Erschließungsbeiträge nebst Änderungssatzung angegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, der C.-weg werde als Mischverkehrsfläche mit einer Asphaltbahn in einer Breite von 3,50 Meter und einem angepflasterten Bereich in einer Breite von 1,20 Meter und Straßenbegleitgrün erstmalig grundhaft hergestellt. Berechnet wurden Straßenbaukosten in Höhe von 188.100 EUR abzüglich eines Gemeindeanteils von 10 % (18.810 EUR), mithin 169.290 EUR, die nach modifizierten Grundstücksflächen (30.986,8 m²) aufgeteilt wurden, wobei sich für das Grundstück der Kläger mit einer Größe von 920 m² und einem Nutzungsfaktor von 1,3 ein Betrag von 6.534,09 EUR ergab, wovon die Hälfte als Vorausleistung in Rechnung gestellt wurde. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung sowie die Aufforderung zur Zahlung auf das Bankkonto der Gemeinde bei der Sparkasse.

Die Kläger zahlten am 12.06.2015 von ihrem gemeinsamen Oder-Konto auf das Konto der Gemeinde (ESt-A des Klägers Bl. 12).

II.1.

In ihren jeweils am 13.07.2016 beim beklagten Finanzamt – FA – eingegangen Einkommensteuererklärungen 2015 machten die Kläger neben anderen, unstreitigen Kosten in Höhe von 484,27 EUR geschätzt die Hälfte des Erschließungsbeitrags von 3.267,05 EUR als Lohnkostenanteil, mithin 1.633,53 EUR, insgesamt 2.117,80 EUR (ESt-A des Klägers Bl. 11), als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend, und zwar jeder der Kläger die Hälfte hiervon (1.058,90 EUR, gerundet 1.059 EUR) in der jeweiligen Steuererklärung (ESt-A des Klägers Bl. 2, der Klägerin Bl. 2).

2.

In den ESt-Bescheiden 2015 vom 09.08.2016 berücksichtigte das FA jeweils eine Ermäßigung von 49 EUR (20 % von 50 % der unstreitigen anderweitigen 484,27 EUR, FG-A Bl. 49, 55) und führte aus, der Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Fahrbahn könne steuerlich nicht anerkannt werden.

3.

Am ...

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