Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsbeschreibung und Angabe des Leistungszeitpunkts in der Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Gutglaubensschutz beim Vorsteuerabzug bei vom vermeintlichen Rechnungsaussteller tatsächlich nicht ausgestellter Rechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben, die in der Rechnung enthalten sein müssen, ergeben sich aus § 14 Abs. 1 UStG und dienen der Identifizierung der abgerechneten Leistung. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Zu den Pflichtangaben gehören jedenfalls die in § 14 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 sowie 5 und 6 UStG 1999/2001 genannten Merkmale, wobei die Leistungsbeschreibung nicht so allgemein sein darf, dass die Gefahr einer mehrfachen Abrechnung der damit verbundenen Leistung in einer anderen Rechnung besteht.

2. Unionsrechtlich war in den Streitjahren 1999 bis 2001 (gem. Art. 22 Abs. 3 Buchst. b RL 77/388/EWG) die Angabe des Leistungszeitpunkts auf der Rechnung nicht erforderlich, wenn der Leistungszeitpunkt (hier: Zeitpunkt des Abschlusses abgerechneter Dienstleistungen) mit dem Rechnungsdatum identisch war. Auf diese gegenüber der nationalen Bestimmung des § 14 UStG günstigere gemeinschaftsrechtliche Regelung kann der Steuerpflichtige sich grundsätzlich berufen.

3. Dem Empfänger tatsächlich erbrachter Leistungen kann der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung einer Firma nach Vertrauensschutzgesichtspunkten auch dann zustehen, wenn der Inhaber der Firma später erklärt, er habe die Rechnung nicht ausgestellt. Der Vorsteuerabzug darf nur dann verweigert werden, wenn die Finanzbehörde anhand objektiver Umstände nachweist, dass der Rechnungsempfänger Kenntnis von der Unrichtigkeit der Rechnung hatte oder bei Erfüllung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt Kenntnis hätte haben können.

 

Normenkette

UStG 1999 § § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nrn. 1-2, 5-6; EWGRL 388/77 Art. 22 Abs. 3 Buchst. b; MwstSystRL Art. 226 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.10.2019; Aktenzeichen V R 29/19 (V R 44/16))

BFH (Beschluss vom 11.05.2017; Aktenzeichen V R 44/16)

 

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 07.09.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.02.2012 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 9 Hundertstel und der Beklagte 91 Hundertstel zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Abzugsfähigkeit von Vorsteuerbeträgen. Die Klägerin wurde im Jahr 1992 gegründet. Ihr Gegenstand ist die Erbringung von Dienstleistungen für Industrieunternehmen jeder Art. Im Zuge einer im März 2005 begonnenen Außenprüfung bei der Klägerin betreffend die Streitjahre 1999 bis 2001 stellte der Prüfer unter Textziffer 19 fest, dass die Klägerin im Jahr 1999 unter anderem den Vorsteuerabzug aus zwei Rechnungen der Firma „B…” vom 01.03.1999 für Gebäudereinigungsarbeiten i. H. v. 5.586,56 DM und 6.625,92 DM geltend gemacht hatte. Nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung habe die Inhaberin der Firma, Frau C…, ihr Gewerbe abgemeldet. Die Unterschriften auf den Rechnungen stammten nicht von ihr. Auf Nachfrage habe die Inhaberin der Firma die Leistungserbringung nicht bestätigt. Die vorgelegten Rechnungen seien hinsichtlich des Umfanges und des Inhalts der Leistungserbringung nicht nachvollziehbar und widersprächen sich teilweise. Leistungsverträge lägen nicht vor. Die vorgelegten Rechnungen entsprächen nicht den Anforderungen des § 14 UmsatzsteuergesetzUStG – und berechtigten daher nicht zum Vorsteuerabzug. Es sei ungewiss, ob die Rechnungen der Rechnungsausstellerin zuzurechnen seien. Zudem sei der Leistungsinhalt in den Rechnungen zu unbestimmt, um eine Leistungszuordnung zu ermöglichen. Mangels Leistungsvertrag sei auch eine Leistungsbestimmung durch Hinzuziehung ergänzender Vertragsbestandteile nicht möglich.

Unter Textziffer 20 stellte der Prüfer weiter fest, dass die Klägerin im Jahr 2001 Vorsteuerabzüge aus Rechnungen der Firma D… mit den Nummern 1709 und 1718 über Trockenbauarbeiten geltend gemacht habe. Aufmaße und Leistungsbeschreibungen fehlten. Ein Bauvertrag habe nicht vorgelegt werden können. Die Rechnungen seien wegen fehlender Aufmaße weder nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen – VOB – noch nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – prüffähig. Eine hinreichend konkrete Leistungsbeschreibung im Sinne von § 14 UStG liege nicht vor. Der Vorsteuerabzug scheide folglich aus.

Unter Textziffer 21 führte der Prüfer schließlich aus, dass der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Firma E… vom 26.01.2001 üb...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge