Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung der Entfernungspauschale um den vollen Sachbezugswert einer vom Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung gestellten Jahresnetzkarte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nutzt ein Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte öffentliche Verkehrsmittel, ist die Entfernungspauschale um den (vollen) Sachbezugswert einer ihm von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Jahresnetzkarte zu kürzen. Eine nur anteilige Kürzung im Verhältnis der Arbeitstage zu den Kalendertagen kommt nicht in Betracht.

2. Nicht nur eine bloße Kürzung der Anrechnung, sondern deren vollständiger Entfall mit der Folge des Ansatzes einer ungeschmälerten Entfernungspauschale ergäbe sich nur dann, wenn der Arbeitnehmer von seiner Freifahrtberechtigung (überhaupt) keinen Gebrauch gemacht, insbesondere die Fahrten mit dem eigenen PKW unternommen hätte.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 5, § 8 Abs. 3, § 3c Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob eine im Rahmen des § 8 Abs. 3 EinkommensteuergesetzEStG – vom Arbeitgeber, einem Verkehrsunternehmen, ganzjährig zur Verfügung gestellte und auch tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingesetzte Freifahrtberechtigung auf die Entfernungspauschale nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 5 EStG vollumfänglich oder nur nach dem Verhältnis der Arbeitstage zu den übrigen Tagen anzurechnen ist.

Der Kläger war in den Streitjahren als Mechaniker bei der Firma B. (Arbeitgeber) beschäftigt. Diese stellten eine für das ganze Jahr gültige Freifahrtberechtigung in Form eines Freifahrtjahrestickets aus, wovon der Kläger nach seiner Darstellung auch für alle Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte jeweils an 230 Tagen in den Jahren 2007 und 2008 Gebrauch machte. In den Lohnsteuerbescheinigungen für diese Jahre bescheinigte der Arbeitgeber nach § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 EStG für die Freifahrtberechtigung einen steuerfreien Sachbezug (steuerfreie Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) in Höhe von jeweils 764,76 EUR – entsprechend der Steuerfreigrenze von 1.048 EUR im Kalenderjahr für Sachbezüge nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG.

In den Einkommensteuerbescheiden für 2007 vom 07. Mai 2009, geändert mit Bescheid vom 11. November 2009, und für 2008 vom 26. Mai 2009 setzte der Beklagte zwar für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte jeweils Werbungskosten von 1.863,00 EUR an (230 Tage × 27 km × 0.30 EUR), zog davon aber den vollen Sachbezug von 764 EUR ab.

Hiergegen legte der Kläger mit dem Ziel Einspruch ein, die Entfernungspauschalen lediglich um jeweils 481 EUR zu mindern, weil dies dem Anteil der Arbeitstage (230) an den Gesamttagen des Jahres (365) entspreche und nur in diesem Umfang ein Zusammenhang der Aufwendungen mit steuerfreien Einnahmen gegeben sei (764 EUR: 365 Tage = 2,09 EUR X 230 Tage).

Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 15. April 2010 wies der Beklagte die Einsprüche zurück. Die gesetzliche Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.4 Satz 5 EStG sei eindeutig, wonach – ohne gesetzliche Einschränkung – die nach § 8 Abs. 3 EStG steuerfreien Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte den als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag minderten. Für eine tageweise Umrechnung des Sachbezugswerts sei kein Raum.

Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter, die Werbungskosten nur entsprechend seiner tageweisen Umrechnung des Sachbezugswerts zu kürzen, was im Ergebnis in beiden Streitjahren auf eine Minderung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 283 EUR entsprechend der Differenz zwischen 764 EUR und 481 EUR hinausliefe. Die Anrechnungsregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 5 EStG müsse im Kontext mit § 3c EStG gesehen werden. Danach sei ein Werbungskostenabzug nur insoweit ausgeschlossen, als die Aufwendungen mit steuerfreien Einnahmen im Zusammenhang stünden. Ein solcher Zusammenhang aber sei nur gegeben, soweit mit der Freifahrtkarte arbeitstäglich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt worden seien. Die Jahresfreifahrtkarte müsse für die Feststellung eines Zusammenhangs der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit steuerfreien Einnahmen wie 365 Tageskarten beurteilt werden. Dann werde offensichtlich, dass nur die auf die Arbeitstage entfallenden Tageskarten den Werbungskostenabzug ausschlössen bzw. einschränkten.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 07. Mai 2009, geändert mit Bescheid vom 11. November 2009, sowie den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 26. Mai 2009 (jeweils) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. April 2010 in der Weise zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für 2007 und 2008 um jeweils 283 EUR gemindert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Eins...

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