Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlungstätigkeit i. S. von § 174 Abs. 4 Satz 3 AO. Übersendung des Prüfungsberichts als Prüfungsabschluss

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Als Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung gem. § 174 Abs. 4 Satz 3 AO sind alle Prüfungshandlungen zur Beurteilung der für die Besteuerung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen. Hierzu gehören auch Besprechungen der Beteiligten über tatsächliche und rechtliche Fragen zum gesamten Unternehmensbereich.

2. Der Anwendung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO steht die Übersendung eines – die Außenprüfung zwar regelmäßig abschließenden – Prüfungsberichts nicht entgegen, wenn noch keine Schlussbesprechung durchgeführt wurde und die – von der ursprünglichen Prüfungsanordnung gedeckten – Prüfungsmaßnahmen fortgesetzt werden.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 4 S. 3, § 201

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.06.2011; Aktenzeichen VIII R 6/09)

BFH (Urteil vom 28.06.2011; Aktenzeichen VIII R 6/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger wurde im Streitjahr 1994 mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt. Die Einkommensteuererklärung für 1994 wurde am 29. September 1995 beim Finanzamt A. abgegeben. Der Einkommensteuerbescheid vom 20. März 1996 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AbgabenordnungAO – sowie hinsichtlich verschiedener anhängiger Verfahren beim Bundesverfassungsgericht vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO. Am 02. April 1997 wurde der Bescheid nach übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beklagten im Hauptsacheverfahren – der Bescheid findet sich nicht in den Steuerakten – gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert.

Das Finanzamt A. führte von März 1998 bis Juni 1998 eine Außenprüfung beim Kläger durch, die die Jahre 1994 bis 1996 betraf. Ausweislich des bereits am 09. Juni 1998 erstellten Prüfungsberichts (Tz. 32) sollen an diesem Tag eine Schlussbesprechung stattgefunden haben und nach der Schlussbesprechung noch weitere Ermittlungen durchgeführt worden sein, letztmalig am 25. Juni 1998.

Mit Schreiben vom 24. September 1998 teilte die Prozessbevollmächtigte dem Finanzamt A. mit, dass entgegen den Angaben im Prüfungsbericht am 09. Juni 1998 keine Schlussbesprechung stattgefunden habe; insbesondere sei keine Einigung erzielt worden, und die gesamten Prüfungsfeststellungen seien unzutreffend und unsachlich. Die Prozessbevollmächtigte machte inhaltliche Ausführungen zu insgesamt 21 Textziffern des Prüfungsberichts; unter Anderem trug sie vor, dass die offenen Baurechnungen vorlägen und in ihrem Büro eingesehen werden könnten. Abschließend bat sie um Übermittlung eines geänderten Prüfungsberichts vor einer entsprechenden Auswertung.

Am 18. September 2000 erging ein Ergänzungsbericht über die genannte Außenprüfung. In Tz. 32 des Berichts hieß es: „Gemäß Ihres Schreibens vom 24.09.1998 wurde eine Schlussbesprechung nicht durchgeführt. Die letzten Ermittlungen im Sinne des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO fanden am 15. Sept. 2000 [statt].” Mit Schreiben vom 26. Oktober 2000 beantragte der Kläger, vertreten durch die Prozessbevollmächtigte, eine Schlussbesprechung. Auf die vom Finanzamt A. telefonisch sowie mit Schreiben vom 30. März 2001 vorgeschlagenen Termine, reagierte die Prozessbevollmächtigte nicht.

Am 25. Juni 2001 erließ das Finanzamt A. einen weiteren Änderungsbescheid für 1994, der sich ebenfalls nicht in den Steuerakten befindet und dessen Zugang der Kläger bestreitet. Am 17. Oktober 2001 fertigte das Finanzamt A. einen zweiten Ergänzungsbericht, der keine neuen Angaben über eine durchgeführte Schlussbesprechung enthielt. Am 04. Dezember 2003 versandte der nunmehr zuständig gewordene Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 1994 in der Fassung vom 25. Juni 2001 erneut.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und begründete den Einspruch mit der bereits am 04. Dezember 2003 eingetretenen Festsetzungsverjährung.

Mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO im Jahr 2003 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei, weil die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung am 15. September 2000 durchgeführt worden seien.

Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben (Eingang beim Beklagten am 24. September 2004). Er begründet seine Klage damit, dass ausweislich des Berichts über die Außenprüfung vom 09. Juni 1998 an diesem Tag eine Schlussbesprechung abgehalten worden sei. Damit sei nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2002 eingetreten. Soweit der Beklagte behaupte, es seien noch am 15. September 2000 Ermittlungen durchgeführt worden, habe es sich lediglich um Ermittlungen gegen die Einwendungen der Prüfungsfeststellungen gehandelt. Derartige Ermittlungen seien nicht ausreichend, um zu einer Verlängerung der Festsetzungsverjährung nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO zu gelangen (so auch FG...

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