Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Gewerblichkeit einer GbR nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG bei Beteiligung einer Genossenschaft. Definition umgekehrte Betriebsaufspaltung. Gewerblichkeit der Einkünfte einer GbR bei Vermietung eines Grundstücks an eine die GbR beherrschende Genossenschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Annahme gewerblicher Einkünfte bei einer GbR nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist nicht gerechtfertigt, wenn eine Genossenschaft an der GbR beteiligt. Eine Genossenschaft ist keine Kapitalgesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

2. Eine umgekehrte Betriebsaufspaltung ist anzunehmen, wenn –abweichend von der typischen Betriebsaufspaltung– das Besitzunternehmen vom Betriebsunternehmen beherrscht wird.

3. Ist eine Genossenschaft (hier: eine Bank) zu 99 v.H. unmittelbar an einer GbR beteiligt und zu 1 v.H. mittelbar über eine 100%ige-Tochter-GmbH, welche die Geschäfte der GbR führt, erzielt die GbR aufgrund der Vermietung von Grundstücken an die Genossenschaft, auf welchen diese jeweils eine Bankfiliale betreibt und die als wesentliche Betriebsgrundlagen zu behandeln sind, aufgrund des Vorliegens einer sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; GenG § 17 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.09.2011; Aktenzeichen IV R 43/07)

BFH (Urteil vom 08.09.2011; Aktenzeichen IV R 43/07)

BFH (Beschluss vom 05.01.2010; Aktenzeichen IV R 43/07)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kl. ist Rechtsnachfolgerin der GbR II. An der im Jahre 1996 gegründeten GbR II waren die B-Bank zu 99% und die …GmbH zu 1% beteiligt. Mit der Geschäftsführung war die GmbH beauftragt worden, deren alleiniger Gesellschafter die B-Bank war.

Die B-Bank ist mit Wirkung zum 1. Januar 1998 auf die C-Bank verschmolzen worden, die ihrerseits zum 1. Januar 1999 auf die Kl. verschmolzen wurde. Die GbR II wurde am 29.Dezember 2000 im Wege der Anwachsung von der Kl. übernommen, so dass die GbR II zu diesem Zeitpunkt erlosch.

Die GbR II erwarb im Dezember 1996 von der B-Bank Grundstücke, auf denen sich neben Wohnungen und Gewerberäumen auch die Filialen der B-Bank befanden. Die GbR II vermietete die Grundstücke mit Wirkung zum 1. Januar 1997 an die B-Bank.

Die GbR II erklärte in den Feststellungserklärungen für die Streitjahre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Bekl. stellte mit Bescheiden vom 15. Juni 1998 bzw. 21. Dezember 1998 zunächst antragsgemäß die Einkünfte fest. Am 10. Juni 1999 erließ er geänderte Bescheide und stellte gewerbliche Einkünfte fest. Zur Begründung führte er aus, an der GbR II seien ausschließlich juristische Personen beteiligt, deshalb seien die Einkünfte nach § 15 Abs. 3 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Der Bekl. erließ dementsprechend am 30. März 2001 Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für die Streitjahre sowie Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1996 und 31. Dezember 1997. Gegen diese Bescheide, die an die GbR II adressiert waren, legte die Prozessbevollmächtigte Einspruch ein und machte geltend, eine Genossenschaft sei keine Kapitalgesellschaft im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

Der Bekl. führte im Jahr 2002 bei der Kl. eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfer vertraten die Auffassung, dass die GbR II keine gewerbliche Tätigkeit ausübe, jedoch die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vorlägen. Die Vorschrift sei dahingehend auszulegen, dass auch Genossenschaften als Kapitalgesellschaften zu betrachten seien. Andernfalls würde der Umstand, dass die Bankgenossenschaft originär gewerblich tätig sei, nicht berücksichtigt. Der Bekl. erließ aufgrund der Prüfungsfeststellungen am 11. Dezember 2002 für das Jahr 1996 Bescheide zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung sowie für das Jahr 1997 unter Berücksichtigung einer Gewerbesteuerrückstellung geänderte Steuerbescheide. Die Bescheide waren an die GbR II adressiert.

Gegen die Bescheide legte die Prozessbevollmächtigte Einspruch ein.

Im Rahmen einer für die Jahre 1998 bis 2000 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Bekl. die Auffassung, dass zwischen der GbR II und der B-Bank bzw. deren Rechtsnachfolger eine Betriebsaufspaltung vorgelegen habe. Es handele sich um den Fall einer so genannten umgekehrten Betriebsaufspaltung, da das Besitzunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen an das beherrschende Betriebsunternehmen vermiete.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2004 stellte der Bekl. in sinngemäßer Anwendung des § 125 Abs. 5 AO die Unwirksamkeit der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag, die Gewerbesteuer und die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes fest. Zur Begründung führte der Bekl. aus, dass die GbR II am 29. Dezember 2000 erloschen sei, so dass die Bekanntgabe gegenüber dem Rechtsnachfolger hätte erfolgen müssen. Die Feststellungsbesc...

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