Entscheidungsstichwort (Thema)

Prämienzahlungen einer Krankenkasse aufgrund eines Wahltarifs nach § 53 Abs. 1 SGB V als Beitragsrückerstattung an den Krankenversicherten, Minderung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 53 Abs. 1 SGB V von einer Krankenkasse an den Versicherten dafür geleistete Prämienzahlungen, dass der Versicherte einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Krankheitskosten übernimmt, stellen Beitragsrückerstattungen dar und mindern die als Vorsorgeaufwendungen abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge (Anschluss an BMF, Schreiben v. 19.8.2013, IV C 3 – S 2221/12/10010 :004 / IV C 5 – S 2345/08/0001, BStBl 2013 I S. 1087, Rz. 72; Abgrenzung vom BFH, Urteil v. 1.6.2016, X R 17/15).

2. Zahlungen einer Krankenkasse nach § 53 Abs. 1 SGB V sind mit einer klassischen Beitragsrückerstattung der privaten Krankenversicherung vergleichbar, wenn die Zahlungen der Krankenkasse – unabhängig ob als Prämie, Guthaben, Rückerstattung bezeichnet – deshalb erfolgen, weil die Versicherten die Versicherung nicht in Anspruch genommen haben.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Buchst. a, Abs. 1 S. 1; SGB V § 53 Abs. 1, § 65a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.06.2018; Aktenzeichen X R 41/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute und wurden vom Beklagten im Streitjahr 2014 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Kläger erklärten Vorsorgeaufwendungen für die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von 3.994 EUR (Kläger) und 2.182 EUR (Klägerin) sowie für die gesetzliche Pflegeversicherung in Höhe von 621 EUR (Kläger) und 340 EUR (Klägerin). Zugleich erklärten sie, dass der Kläger im Streitjahr eine Erstattung seiner Krankenkasse in Höhe von 450 EUR erhalten habe, diese aber nicht die Vorsorgeaufwendungen mindere, weil es sich nicht um eine Beitragsrückerstattung handele.

Der Zahlung der B… Krankenkasse an den Kläger in Höhe von 450 EUR lag der Wahltarif „C.” zugrunde. Der Wahltarif beruht auf § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch –SGB– V in Verbindung mit § 18a der Satzung der B… Krankenkasse und sieht Tarifklassen gestaffelt nach der Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen vor, die jeweils eine Prämie sowie Selbstbehalte zum Gegenstand haben (§ 18a Abs. 1 der Satzung). Dem Kläger wurden entsprechend der Satzungsbestimmungen sog. Teilnahmebedingungen ausgehändigt, die u.a. folgende Regelungen umfassten:

”3. Tarifwahl […]

Die Tarifteilnehmer können in Abhängigkeit von ihren beitragspflichtigen Einnahmen eine Tarifklasse wählen. Der Tarifteilnehmer bestimmt die Tarifklasse entsprechend der Höhe seiner beitragspflichtigen Einnahmen. […]

4. Die Prämie

Die Tarifteilnehmer können in Abhängigkeit ihrer Tarifklasse eine Prämie zwischen 50 EUR und 600 EUR ausgezahlt bekommen. […]

5. Die Eigenbeteiligungen

5a. Erhebung von Eigenbeteiligungen

Dem Tarifteilnehmer werden entsprechend der Tarifklasse feste pauschale Eigenbeteiligungen berechnet. Für eine ambulante Behandlung beim Arzt oder Zahnarzt mit Kassenrezept für Medikamente oder Heilmittel wird – unabhängig von Anzahl und Wert der Medikamente/Heilmittel – eine Eigenbeteiligung zwischen 12,50 EUR – 150,00 EUR (abhängig von Tarifklasse) erhoben, wenn dieses Rezept z.B. bei der Apotheke eingereicht wird. Ist ein stationärer Krankenhausaufenthalt notwendig, wird – abhängig von der Tarifklasse – eine Eigenbeteiligung zwischen 25,00 EUR – 300,00 EUR berechnet. Die Anrechnung erfolgt in der Summe nur bis zum Höchstbetrag der jeweiligen Tarifklasse pro Kalenderjahr. […]

5b. Keine Erhebung von Eigenbeteiligungen

  • (Zahn-)Arztbesuche ohne Verordnungen oder mit reinen Vorsorge- und Krebsfrüherkennungsuntersuchungen bzw. Impfungen […]
  • Privatrezepte […]
  • Unfälle […]
  • Ambulante Krankenhausaufenthalte […]

6. Abrechnung der Prämie und der Eigenbeteiligungen

Die [B. Krankenkasse] hat den Unterschiedsbetrag von Prämie […] und Eigenbeteiligungen für das Kalenderjahr bis zum Ende des zweiten Quartals des jeweiligen Folgejahres zu ermitteln. Ist die Prämie höher als die Summe der Eigenbeteiligungen, wird der Unterschiedsbetrag […] überwiesen. […] Ist die Summe der Eigenbeteiligungen höher als die Prämie, ist der Unterschiedsbetrag 30 Tage nach Zugang der Zahlungsaufforderung der [B… Krankenkasse] fällig […].”

Für den Kläger galt die Tarifklasse 5 mit einer Prämie von bis zu 450 EUR je Kalenderjahr. Die Selbstbehalte betrugen je ambulanter Behandlung 112,50 EUR und je vollstationärem Krankenhausaufenthalt 225,00 EUR und wurden auf insgesamt 550 EUR je Kalenderjahr beschränkt.

Das Gericht nimmt Bezug auf den Auszug aus der Satzung der B… Krankenkasse (Blatt 50 f. der Einkommensteuerakte des Beklagten) und auf die Teilnahmebedingungen (Blatt 36 der Gerichtsakte).

Mit Bescheid über Einkommensteuer 2014 vom 24. April 2015 setzte der Beklagte die Einkommensteuer der Kläger auf 12.558 EUR fest. Die abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen ermittelte er hierbei wie ...

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