rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung des FA von vorinsolvenzlichen Steuerforderungen gegen Umsatzsteuererstattungsansprüche aufgrund vom Insolvenzverwalter vorgenommener Umsatzsteuerberichtigungen uneinbringlich gewordener Forderungen des Insolvenzschuldners

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Umsatzsteuer wegen Uneinbringlichkeit von bereits vor der Insolvenzeröffnung begründeten Forderungen des Insolvenzschuldners berichtigt und ergeben sich hierdurch Erstattungsansprüche, so ist das FA nicht nach § 96 Abs. 1 InsO gehindert, diese Erstattungsansprüche mit offenen Umsatzsteuerforderungen gegen den Insolvenzschuldner für zeitlich vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegende Voranmeldungsräume aufzurechnen. Das gilt auch für die Umsatzsteuerforderungen gegen den Insolvenzschuldner für Voranmedungszeiträume, die den grundsätzlich der Anfechtung nach den §§ 129 ff. InsO unterliegenden Zeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen, wenn die den Forderungen zugrunde liegenden Lieferungen und Leistungen des Insolvenzschuldners insgesamt gesehen, bezogen auf die Summe aus Nettoerlösen und darauf entfallende Umsatzsteuer, die Gläubiger nicht benachteiligt haben und deswegen nicht anfechtbar sind.

2. Eine Anfechtung nach § 129 Abs. 1 InsO erfordert, dass bereits die einzelne anzufechtende Rechtshandlung eine Gläubigerbenachteiligung mit sich bringen muss und dass diese nicht erst durch das Hinzutreten späterer Umstände eintritt. Soweit der Bundesgerichtshof und der Bundesfinanzhof hierzu die Auffassung vertreten, dass Gegenstand der Anfechtung nicht die einzelne Rechtshandlung sei, sondern eine bestimmte gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch eine Rechtshandlung ausgelöst wird (so BGH v. 21.1.1999, IX ZR 329/97, sowie v. 22.10.2009, IX ZR 147/06; BFH v. 2.11.2010, VII R 6/10), folgt der erkennende Senat dieser Auffassung jedenfalls für den Fall einer bloßen Leistungserbringung des Insolvenzschuldners vor Insolvenzeröffnung nicht.

 

Normenkette

InsO § 96 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 129 Abs. 1, §§ 130-131; AO § 226; BGB § 387; UStG § 17 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.07.2012; Aktenzeichen VII R 29/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Am 6.11.2001 beantragte die H. GmbH (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom … 2002 eröffnete das Amtsgericht … das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Im September 2003 reichte der Kläger unter der Masse-Steuernummer die Umsatzsteuererklärung für den Zeitraum 21.2. bis 31.12.2002 beim Beklagten ein. Die Zahllast in Höhe von 44.515,12 EUR wurde beglichen.

Aufgrund von uneinbringlichen Forderungen nahm der Kläger eine Berichtigung der Umsatzsteuer vor und reichte im Jahr 2006 korrigierte Umsatzsteuererklärungen ein, die zu folgenden Erstattungsbeträgen führten: 2002: 19.783,36 EUR, 2003: 13.906,34 EUR, 2004: 5.472,96 EUR und 2005: 2.062,72 EUR (insgesamt 41.225,38 EUR). Der Beklagte stimmte den korrigierten Umsatzsteuererklärungen zu und erklärte mit Verfügung vom 12.9.2006 die Aufrechnung mit den Umsatzsteuerforderungen für März 2001 in Höhe von 16.058,98 EUR, April 2001 in Höhe von 1.279,50 EUR, September 2001 in Höhe von 4.634,87 EUR, Oktober 2001 in Höhe von 9.338,75 EUR und November 2001 in Höhe von 9.913,28 EUR (insgesamt 41.225,38 EUR). Auf die in der beigezogenen Vollstreckungsakte befindliche Durchschrift der Aufrechnungserklärung wird verwiesen (dort Bl. 19). Mit Schreiben vom 21.9.2006 (Bl. 33 der beigezogenen Vollstreckungsakte) widersprach der Kläger der Aufrechnung des Umsatzsteuerguthabens für 2002 in Höhe von 19.783,36 EUR und des anteiligen Umsatzsteuerguthabens für 2003 in Höhe von 24,00 EUR. Am 17.10.2006 erließ der Beklagte einen Abrechnungsbescheid, gegen den der Kläger Einspruch einlegte.

Im November 2006 reichte der Kläger erneut eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2002 ein, in der er wiederum die Umsatzsteuer wegen uneinbringlicher Forderungen berichtigte. Es ergab sich ein Guthaben in Höhe von 7.856,64 EUR. Der Beklagte stimmte auch dieser Erklärung zu und rechnete mit der Verfügung vom 26.1.2007 (Bl. 54 der beigezogenen Vollstreckungsakte) mit der in Höhe von 9.152,64 EUR rückständigen Umsatzsteuer für den Monat März 2001 auf. Nach dem Widerspruch des Klägers erging am 13.2.2007 ein weiterer Abrechnungsbescheid. Die hiergegen und gegen den ersten Abrechnungsbescheid eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 17.1.2009 als unbegründet zurück.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, dass die Aufrechnung gegen § 96 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung – InsO – verstoße. Der Beklagte berufe sich zwar auf die ständige Rechtsprechung des VII. Senats des Bundesfinanzhofs, wonach es hinsichtlich der Aufrechenbarkeit von Forde...

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