rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach dem Auszug einer Angehörigen und im Hinblick auf das Vorliegen einer verbilligten Vermietung: steuerlich unbeachtliche Angehörigen-Vermietung, Beweislast für weitere Vermietungsabsicht, Besonderheiten und Anwendung des Berliner Mietspiegels

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein Angehöriger als bisheriger Mieter aus- und infolge Pflegebedürftigkeit in ein Pflegeheim umgezogen, ist das Mietverhältnis anschließend faktisch nicht mehr den zivilrechtlichen Vereinbarungen entsprechend durchgeführt worden und ist nach den gesamten Umständen nicht von einer Rückkehr des Angehörigen in die Wohnung und einer weiteren tatsächlichen Vermietung an den Angehörigen oder an andere künftige Mieter auszugehen, so ist das Mietverhältnis ab dem Zeitpunkt des Auszugs nach den Grundsätzen über Mietverträge zwischen nahen Angehörigen (vgl. BFH, Urteil v. 4.10.2016, IX R 8/16) steuerlich unbeachtlich. Kosten für die nach dem Auszug angefallene Renovierungsarbeiten sowie den Einbau einer neuen Küche sind daher nicht als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abzugsfähig.

2. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen nach dem Auszug des bisherigen Mieters als Voraussetzungen einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Von einer ernsthaften Vermietungsabsicht ist nicht auszugehen, wenn der Steuerpflichtige die nunmehr leerstehende Wohnung lediglich im Bekanntenkreis zur Vermietung angeboten haben will, die Wohnung eventuell ohne finanzielle Gegenleistung für einen familienangehörenden Wunschmieter in der Zukunft freigehalten wurde und keine nachgewiesenen Bemühungen entfaltet worden sind, um die Wohnung am Markt anzubieten.

3. Unter ortsüblicher Miete i. S. d. § 21 Abs. 2 EStG für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung – BetrKV – umlagefähigen Kosten zu verstehen. Sie ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel, wobei grundsätzlich jeder der Mietwerte – nicht nur der Mittelwert – als ortsüblich anzusehen ist, den ein Mietspiegel im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist (vgl. BFH, Beschluss v. 27.12.2010, IX B 107/10).

4. Da der Berliner Mietspiegel aber eine Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung mit Vorgaben enthält, wie die einzelne Wohnung auf Grundlage ihrer konkreten Ausstattungsmerkmale innerhalb der Spannen einzuordnen ist, liefert der Mietspiegel für jede Wohnung je nach Lage und Ausstattungsmerkmalen im Ergebnis keine Spanne, sondern einen konkreten Wert.

5. Ein für das Streitjahr geltender Mietspiegel, der auf einen vor dem Streitjahr liegenden Erhebungsstichtag erlassen, ist auch dann für das Streitjahr zu beachten, wenn er erst nachträglich veröffentlicht worden ist.

6. Auch wenn der Berliner Mietspiegel nicht speziell auf Ein- und Zweifamilienhäuser zugeschnitten ist, ist er gleichwohl grundsätzlich auch zur Bestimmung von Vergleichsmieten für Ein- und Zweifamilienhäuser anzuwenden (vgl. Ausführungen zur Anwendung des Berliner Mietspiegels).

 

Normenkette

EStG 2011 § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Sätze 1-2, § 9 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 12 Nr. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Kürzung der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Hinblick auf das Vorliegen einer verbilligten Vermietung bei der Einkommensteuer 2011.

Die Kläger werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks C…-straße in Berlin. Das Grundstück ist mit einem 1985 fertiggestellten (vgl. Gebäudeabschreibungsliste in der Grundstücksakte) Haus mit einer Gesamtwohnfläche von 200 m² bebaut. In der rund 108 m² großen Erdgeschoßwohnung wohnen die Kläger.

Für die Wohnung im Obergeschoss (Dachgeschoss mit Dachschrägen, vgl. Außenansichten des Hauses Bl. 28ff. der Gerichtsakte – GA –) findet sich in den Akten ein Mietvertrag vom 20.12.2003 (in der Grundstücksakte). Dieser bezeichnet die Kläger als Vermieter und die Eltern der Klägerin als Mieter. Die Fläche der vermieteten Wohnung wird auf 91,85 m² beziffert. Ausweislich des Mietvertrags besteht die Wohnung aus 3 Zimmern, 2 Kammern, einer Küche, einem Korridor, einem Bad mit WC, einem Balkon und einem Kellerraum (anteilig). Auf dem Vertrag ist vermerkt, dass es sich um einen Nachtrag zu einem Vertrag vom 01.08.1985 mit Ergänzung vom 25.05.2000 handele. Die laut Vertrag ab 01.01.2004 zu zahlende Miete beläuft sich auf monatlich netto kalt 430,00 EUR zzgl. 70,00 EUR Betriebskostenvorschuss. Dazu ist ergänzend geregelt, die Miete betrage zurzeit 64,9 % der ortsüblichen Miete zuzüglich ...

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