rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Fonds. Schadensersatz wegen Prospekthaftung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rückabwicklung einer Beteiligung setzt voraus, dass die Vertragspartner darüber übereinkommen, dass das ursprüngliche Erwerbsgeschäft keinen Bestand haben soll und dass die gegenseitig erbrachten Leistungen vollständig zurückzugewähren sind. Daran fehlt es, wenn die Anteile nicht an den ursprünglichen Vertragspartner, sondern an einen Dritten übertragen werden.

2. Eine Zahlung, die ein Kommanditist einer gewerblich tätigen Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG als „Schadensersatz” wegen Prospekthaftung Zug um Zug gegen die Abtretung der Beteiligung nebst sämtlicher Rechte daraus erhält, führt nicht zu Einkünften aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i. S. v. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn die Anteile im Zeitpunkt der Übertragung objektiv wertlos waren.

3. Die Schadensersatzzahlung kann keiner Einkunftsart i. S. v. § 2 Abs. 1 EStG zugeordnet werden, wenn sie auf einer Schädigung beruht, die vor Begründung der Mitunternehmerstellung erfolgt ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 1, § 22 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.03.2021; Aktenzeichen IV R 21/18)

 

Tenor

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Einkommenbesteuerung 2010 vom 17.04.2014 betreffend die Beteiligung der Klägerin als Kommanditistin an der am 04.03.2011 im Handelsregister gelöschten B… GmbH & Co. KG in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2016 wird dahingehend geändert, dass die im Jahr 2010 von der C… GmbH an die Klägerin geleistete Schadensersatzleistung nebst Zinsen und die damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben der Klägerin bei ihr nicht als Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen sind.

Die Berechnung des festzustellenden Betrages wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Die Klägerin war – neben weiteren 259 Personen – als Kommanditistin an der gewerblich tätigen B… GmbH und Co. KG (im Folgenden: GmbH & Co. KG) beteiligt. Sie hielt die Beteiligung in ihrem Privatvermögen. Die Beteiligung war durch Vermittlung der D… Bank AG unter Verwendung eines von der C… GmbH erstellten Beteiligungsprospektes zustande gekommen. Aufgrund von fehlerhaften Angaben in dem verwendeten Prospekt erstritt die Klägerin in der Folgezeit Schadensersatzleistungen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gegen die C… GmbH, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung an der GmbH & Co. KG. Aufgrund dessen fertigte die Klägerin eine Abtretungsanzeige hinsichtlich ihrer Anteile an der GmbH & Co. KG und sandte diese an die GmbH. Am 04.03.2011 wurde die Löschung der GmbH & Co. KG im Handelsregister eingetragen.

Im Feststellungsbescheid für das Jahr 2010 vom 17.4.2014 berücksichtigte der Beklagte Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin in Höhe der Schadensersatzleistung nebst Zinsen, so dass sich abzüglich der berücksichtigten Sonderbetriebsausgaben ein Gewinn aus Gewerbebetrieb ergab. Dagegen wandte sich die Klägerin – neben acht weiteren Personen – mit ihrem Einspruch und machte geltend, dass der Schadensersatz als Veräußerung des Gesellschaftsanteils nach §§ 16, 34 EinkommensteuergesetzEStG – zu behandeln sei. Dem entsprechend seien die Zinsen nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen.

Der Beklagte verband im Einspruchsverfahren die Einsprüche der Klägerin und der weiteren Einspruchsführer und zog 25 Gesellschafter hinzu, denen aus gleichen Gründen wie der Klägerin und den weiteren Einspruchsführern Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben zugerechnet worden waren. Mit der einheitlichen Einspruchsentscheidung vom 10.10.2016 wies der Beklagte unter anderem den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin als mit Unternehmerin der GmbH & Co. KG gewerbliche Einkünfte im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG erzielt habe. Diese Einkünfte beschränkten sich nicht nur auf den Gewinnanteil und die in der Norm ausdrücklich aufgeführten Vergütungen, sondern erfassten alle Einnahmen die ihre Veranlassung in der Beteiligung an der gewerblich tätigen Personengesellschaft hätten. Dies gelte auch für die fraglichen Schadensersatzle...

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