rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anscheinsbeweis für private Nutzung des betrieblichen Pkw durch beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer. vGA. Bewertung nach Fremdvergleichsmaßstäben. keine Bilanzänderung bei nachträglich festgestellter vGA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die ohne eine Vereinbarung erfolgende oder darüber hinausgehende oder einem ausdrücklichen Verbot widersprechende (also unbefugte) Nutzung des betrieblichen Pkw durch den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft hat keinen Lohncharakter und führt zu vGA.

2. Verdeckte Gewinnausschüttungen liegen auch dann vor, wenn ein Verbot der privaten Nutzung besteht, dieses aber von der Kapitalgesellschaft nicht überwacht und durchgesetzt wird.

3. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutzt ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebs-Fahrzeug auch für private Fahrten. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um ein repräsentatives Fahrzeug handelt und der Gesellschafter-Geschäftsführer über keinen weiteren privaten Pkw verfügt. Dieser Anscheinsbeweis kann z. B. durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch widerlegt werden.

4. Die aktuelle Rechtsprechung des VI. Senats des BFH zur Kfz-Überlassung an Angestellte lässt sich auf einen alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht übertragen.

5. Die durch die Kraftfahrzeugüberlassung ausgelöste vGA ist nicht mit dem lohnsteuerrechtlichen Wert (1 % des Listenpreises des Fahrzeugs) zu bewerten. Der Vorteil ist vielmehr ausschließlich nach Fremdvergleichsmaßstäben zu bewerten, was in der Regel zum Ansatz des gemeinen Wertes führt und damit einen angemessenen Gewinnaufschlag einbezieht.

6. Eine vGA nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG wird außerhalb der Steuerbilanz hinzugerechnet und berührt daher keinen Bilanzansatz. Sie kann daher die Rechtsfolge des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG nicht herbeiführen.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 4 Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig sind insbesondere verdeckte Gewinnausschüttungen und Umsatzsteuererhöhungen infolge der privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw sowie die Möglichkeit einer Bilanzänderung.

Die Klägerin wurde im Jahr 2001 als Vorratsgesellschaft gegründet. Die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin, Frau B., erwarb die Anteile an der Klägerin am 24. Juli 2001. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Erbringung von Dienstleistungen aller Art bei Verwaltungsvorgängen, die Vermittlung von Dienstleistungen im Bereich Bauwesen sowie die nicht erlaubnispflichtige Anlageberatung.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß. Im Jahr 2007 führte der Beklagte bei Klägerin eine Außenprüfung für die Streitjahre durch, deren Ergebnisse im Abschlussbericht vom 24. September 2007 zusammengefasst sind. Die Feststellungen der Außenprüfung führten in allen Streitjahren zu einer Minderung des Steuerbilanzgewinns bzw. zu einer Erhöhung des Steuerbilanzverlustes, und zwar in Höhe von 12.715,11 DM im Jahr 2001, von 6.042,37 EUR im Jahr 2002 und von 10.077,– EUR im Jahr 2003.

Aufgrund verdeckter Gewinnausschüttungen wurden aber das zu versteuernde Einkommen und der Gewerbeertrag der Klägerin sowie die Umsatzsteuer erhöht. Die verdeckten Gewinnausschüttungen beruhten u.a. auf einer von der Außenprüferin angenommenen privaten Nutzung des am 31. Oktober 2001 im Betriebsvermögen angeschafften Mercedes-Benz ML-Klasse mit dem amtlichen Kennzeichen … (Tz. 12 des Außenprüfungsberichts). Neben diesem Pkw befand sich im Betriebsvermögen der Klägerin ein MercedesRoadster mit dem amtlichen Kennzeichen …, den die Klägerin am 28. Dezember 2001 anschaffte und ab dem 1. Januar 2002 an eine verbundene Gesellschaft vermietete.

Den Prüfungsfeststellungen lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Nach § 2 Abs. 11 des Dienstvertrages vom 26. August 2001 hatte die Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin einen Anspruch auf einen Pkw der Mittelklasse als Dienstwagen, der ihr auf Wunsch auch zur privaten Nutzung überlassen werden sollte. In der Gesellschafterversammlung vom 26. Oktober 2001 wurde beschlossen, der Gesellschafter-Geschäftsführerin ein „Kraftfahrzeug vom Typ Mercedes” für dienstliche Zwecke zur Verfügung zu stellen; jegliche Privatnutzung sollte untersagt sein. Am 1. Januar 2002 schlossen die Klägerin und ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin einen Kraftfahrzeugüberlassungsvertrag, der eine private Nutzung des dienstlich überlassenen Fahrzeugs ausschloss.

Die Außenprüferin stellte sich auf den Standpunkt, dass der vertragliche Ausschluss der Privatnutzung bei einer beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführerin nicht ausreiche. Es genüge auch nicht, wenn in der Außenprüfung vorgebracht werde, dass die Autoschlüssel im Betrieb aufbewahrt worden seien. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung werde das Fahrzeug auch privat genutzt. Die Gesellschafter-Geschäftsführer...

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