Entscheidungsstichwort (Thema)

Abtretung einer Forderung durch den Insolvenzverwalter führt zur Fortgeltung des Aufrechnungsverbots über die Aufhebung des Insolvenzverfahens hinaus. insolvenzrechtliche Begründung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens. Masseforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens eine Forderung des Insolvenzschuldners durch Abtretung verwertet, so wirkt § 96 Abs. 1 InsO – entgegen § 406 BGB – nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens zugunsten des Zessionars weiter, weil eine Verwertung durch Forderungsverkauf sonst ausgeschlossen wäre.

2. Der Anspruch auf (ratierliche) Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5 KStG ist insolvenzrechtlich bereits am 31.12.2006 begründet. Es handelt sich daher in voller Höhe um eine Masseforderung, soweit das Insolvenzverfahren vor dem 31.12.2006 eröffnet wurde und zu diesem Stichtag noch fortdauerte.

 

Normenkette

KStG § 37 Abs. 5; InsO § 96 Abs. 1 Nr. 1, § 159; AO § 226 Abs. 1, §§ 47, 218 Abs. 1; BGB §§ 389, 406

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.12.2016; Aktenzeichen VII R 1/15)

 

Tenor

Der Abrechnungsbescheid vom 08. November 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2012 wird dahingehend geändert, dass der Auszahlungsbetrag zur Körperschaftsteuer in Höhe von 506,10 EUR (für 2010) und in Höhe von 506,10 EUR (für 2011) nicht durch Aufrechnung erloschen ist.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der an die Klägerin abgetretene Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens für 2010 und 2011 durch Aufrechnung des Beklagten erloschen ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Bevollmächtigten der Klägerin. Die Bevollmächtigte war zudem die steuerliche Bevollmächtigte der B. GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 27. März 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet (Az. 35 IN 138/06) wurde. Der Beklagte meldete am 02. Mai 2006 insgesamt Forderungen in Höhe von 26.113,53 EUR zur Insolvenztabelle der B. GmbH an (davon Umsatzsteuer März 2006: 20.333,00 EUR). Nach Widerspruch durch den Insolvenzverwalter änderte der Beklagte seine Anmeldung am 16. August 2008 in Bezug auf Umsatzsteuer März 2006 auf 4.892,50 EUR. Als ursprünglicher Fälligkeitstermin der Forderung wurde der 10. Mai 2006 angegeben.

Mit Bescheid vom 26. September 2008 über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens gem. § 37 Abs. 5 KörperschaftsteuergesetzKStG – setzte der Beklagte das Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 5.061,00 EUR gegenüber der B. GmbH fest. Zur Fälligkeit des Guthabens für das Kalenderjahr 2008 am 30. September 2008 erstattete der Beklagte das anteilige Guthaben in Höhe von 506,10 EUR an den Insolvenzverwalter der B. GmbH.

Am 22. Januar 2009 stellte die Bevollmächtigte der Klägerin im Namen der B. GmbH einen Antrag auf verbindliche Auskunft gem. § 89 Abs. 2 AbgabenordnungAO –. Sie erläuterte den hier vorliegenden Sachverhalt, wonach ein Restguthaben in Höhe von 4.554,90 EUR bestehe und sich die Auszahlung bis zum Jahr 2017 erstrecke. Dies würde eine zeitnahe Schlussverteilung im Insolvenzverfahren der B. GmbH verhindern, was zudem erhöhte Verwalterkosten nach sich ziehen würde. Aus diesem Grund sei beabsichtigt, das Körperschaftsteuerguthaben an eine deutsche Kapitalgesellschaft abzutreten. Fraglich sei, ob die Finanzverwaltung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnung erklären könne. Der Beklagte erläuterte daraufhin telefonisch am 24. Februar 2009 dem Bevollmächtigten die aus seiner Sicht bestehende Rechtslage, wonach eine Aufrechnung weiterhin möglich sei. Darauf nahm die Bevollmächtigte ihren Antrag mit Schreiben vom 27. Februar 2009 zurück.

Die B. GmbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter, trat am 24. August 2009 das restliche Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 4.554,90 EUR mit Abtretungsvereinbarung entgeltlich an die Klägerin ab. Eine Abtretungsanzeige auf amtlichen Vordruck übersandte die Klägerin dem Beklagten am 31. August 2009. Als Abtretungsgrund wurde „Kaufvertrag oder Angebotsschreiben vom 10. August 2009” angegeben.

Am 09. Oktober 2009 teilte der Beklagte dem Insolvenzverwalter mit, dass das Guthaben für 2009 in Höhe von 506,10 EUR aufgrund der Abtretung an die Klägerin überwiesen werde.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 19. Februar 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH – nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit am 05. September 2006 – gem. § 211 Insolvenzordnung – InsO – eingestellt.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2011 und 11. Oktober 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er das anteilige Körperschaftsteuerguthaben für 2010 und 2011 mit seiner Forderung aus Umsatzsteuer 2006 gegen die B. GmbH aufgerechnet habe. Die Klägerin widersprach diesen Aufrechnungserklärungen mit Schreiben vom 14. Juli 2011 und vom...

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