rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Erlass von Nachzahlungszinsen wegen nachträglichen Verzicht auf die Umsatzsteuerfreiheit von Umsätzen. nachträgliche Option kein rückwirkendes Ereignis i.S. d.§ 233a Abs. 2a AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird erst mehrere Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes gem. § 9 Abs. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1993 auf die Steuerfreiheit von Umsätzen verzichtet, ist auch nicht unter Anwendung des § 233a Abs. 2a AO zugrunde liegenden Rechtsgedankens gem. § 227 AO ein Billigkeitserlass analog dieser Vorschrift zu gewähren.

 

Normenkette

AO § 233a Abs. 2a, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 227; UStG 1993 § 9 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.05.2011; Aktenzeichen V R 39/10)

BFH (Urteil vom 05.05.2011; Aktenzeichen V R 39/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Immobilie, die sie in den Streitjahren an verschiedene Mieter (die Betreiber einer Tennishalle, eines Restaurants und eines Fitnessbereiches) vermietete.

Die Mietumsätze behandelte sie in ihren ab 1996 abgegebenen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre zunächst als steuerfrei. Die entsprechenden Umsatzsteuererklärungen wirkten – zum Teil nach Zustimmungen durch den Beklagten – als Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 11. Juni 2001 reichte die Klägerin im Rahmen einer Außenprüfung berichtigte Umsatzsteuererklärungen 1994 bis 1997 beim Beklagten ein, die als gegenüber den vorausgegangenen Festsetzungen erhöhte Umsatzsteuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkten. Für das Jahr 1993, in dem die wesentlichen Leistungen für die Errichtung des Vermietungsobjektes bezogen worden waren, reichte die Klägerin aus Gründen der Festsetzungsverjährung keine berichtigte Umsatzsteuererklärung ein. Vielmehr verzichtete sie lediglich für die Jahre ab 1994 für Teile der Vermietungsumsätze auf die Steuerfreiheit und nahm entsprechende Vorsteuerberichtigungen nach § 15 a UmsatzsteuergesetzUStG – aus den Anschaffungs- und Herstellungskosten vor und machte die Vorsteuer aus laufenden Kosten geltend. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 90 ff. der Umsatzsteuerakte Bezug.

Ausgehend von den aufgrund der berichtigten Umsatzsteuererklärungen fälligen Nachzahlungen erließ der Beklagte am 10. September 2001 Zinsbescheide zur Umsatzsteuer 1994 bis 1997, mit denen er die Zinsen zur Umsatzsteuer auf 10.209,– DM für 1994, 5.500,– DM für 1995, 1.881,– DM für 1996 und 1.014,– DM für 1997 festsetzte. Die Zinsbescheide wurden bestandskräftig. Wegen der Berechnung der Zinsen nimmt das Gericht auf die Zinsbescheide (Bl. 97, 108, 114 und 121 der Umsatzsteuerakte) Bezug.

Am 4. Oktober 2001 beantragte die Klägerin beim Beklagten den Erlass dieser Nachzahlungszinsen. Sie trug vor, dem Beklagten sei durch die nachträgliche Option kein Liquiditätsnachteil entstanden, weil der höheren Umsatzsteuer auf Seiten der Mieter in gleicher Höhe zusätzliche Vorsteuerbeträge gegenüber gestanden hätten. Der Beklagte lehnte den Erlassantrag mit Bescheid vom 25. Oktober 2001 ab, wogegen die Klägerin am 14. November 2001 Einspruch einlegte. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte an, die Erhebung der streitbefangenen Zinsen sei nicht sachlich unbillig. Sie stehe nicht im Widerspruch zu den Zwecken, die mit der Zinserhebung verfolgt würden. Denn die Klägerin habe einen Liquiditätsvorteil gehabt. Dieser habe darin bestanden, dass die Umsatzsteuer für die Streitjahre erst mehrere Jahre nach dem Entstehungszeitpunkt erhöht festgesetzt worden sei. Der Erhebung der Zinsen stehe auch nicht entgegen, dass sich per Saldo ein Ausgleich mit den von den Leistungsempfängern abgezogenen Vorsteuern ergebe. Denn die Zinsregelung des § 233 a AbgabenordnungAO – stelle auf einen Vorteil des Steuerpflichtigen und nicht des Finanzamtes ab. Soweit die Klägerin grundsätzliche Kritik am Sollprinzip bei der Umsatzbesteuerung erhebe, sei dies für das hiesige Verfahren ohne Belang, weil die Klägerin dann entsprechende Einwendungen gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer hätte erheben müssen. Die Erhebung der Zinsen stehe auch nicht im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung des § 233 a Abs. 2 a AO. Der nachträgliche Verzicht auf die Steuerfreiheit einer Grundstückslieferung sei kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Nur für solche rückwirkenden Ereignisse und den Verlustabzug nach § 10 d EinkommensteuergesetzEStG – habe der Gesetzgeber einen abweichenden Zinslauf geregelt. Im Übrigen sei nach der Wertung des Gesetzgebers der reguläre Zinslauf hinzunehmen.

Darauf hat die Klägerin am 1. Juni 2007 Klage erhoben. Sie macht geltend, die Erhebung der streitbefangenen Zinsen verstoße gegen den mit der Vollverzinsung verfolgten Zweck, weil sie bis zur Erteilung der korrigierten Rechnun...

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