rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Vollziehung von Grundbesitzwertfeststellungsbescheiden im Fall der Erstellung eines Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 198 BewG erst ab dem Zeitpunkt der Einreichung des Gutachtens beim Finanzamt bzw. Finanzgericht

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird bereits bei Einreichung der Feststellungserklärung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Grunderwerbsteuer geltend gemacht, dass der Verkehrswert des Grundstücks infolge von Altlasten und Nutzungsbeschränkungen 0 EUR betrage und wird nach Feststellung eines positiven Grundbesitzwerts Einspruch eingelegt, die Einreichung eines Gutachtens nach § 198 BewG angekündigt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt, so ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass im Hinblick auf bereits entstandene Säumniszuschläge betreffend die zwischenzeitlich schon festgesetzte Grunderwerbsteuer die Aufhebung der Vollziehung erst ab dem späteren Zeitpunkt der tatsächlichen Einreichung eines Verkehrswertgutachens zum Nachweis dieses niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 198 BewG beim Finanzamt bzw. Finanzgericht gewährt werden kann.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Sätze 1-2; BewG § 198; AO § 240

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.01.2021; Aktenzeichen II B 61/19)

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten bei einer Bedarfsbewertung für die Grunderwerbsteuer und dort gewährter Aussetzung der Vollziehung (AdV) nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 BewertungsgesetzBewG –) um die Frage, ob und ab wann – wegen der Säumniszuschläge – Aufhebung der Vollziehung zu gewähren ist.

I.1.

Im Zuge einer Anteilsvereinigung zum 22.08.2016 war vom in Brandenburg für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt – FA – B… Grunderwerbsteuer für ein unbebautes, an einen Photovoltaikbetreiber verpachtetes Grundstück festzusetzen.

Mit Schreiben vom 21.12.2016 forderte das FA B… beim antragsgegnerischen FA C… eine Grundbesitzwertfeststellung an. Am 20.03.2017 forderte dieses FA von der Antragstellerin – Ast. –. eine Feststellungserklärung, die am 11.05.2017 beim FA einging. Bereits bei Einreichung der Feststellungserklärung wies die Ast. darauf hin, dass es sich um einen ehemaligen Flugplatz der sowjetischen Streitkräfte handelte, der mit Altlasten belastet sei, deren Beseitigung Kosten in Höhe von mehreren Millionen Euro erfordern würden. Außerdem seien Teile des Grundstücks Naturschutzflächen. Wegen dieser Belastungen und Einschränkungen betrage der Verkehrswert 0 EUR. Ein Altlastengutachten vom 05.05.2017 fügte die Ast. bei, aus diesem ergaben sich Beseitigungskosten in Höhe von 100,8 Mio EUR. Auch der Altlastensanierungsbescheid des Landrats vom 19.07.2013 war beigefügt.

Das FA erließ am 22.01.2018 einen Grundbesitzwertfeststellungsbescheid mit einem Grundbesitzwert von 10.631.573 EUR (FG-A Bl. 3). Daraufhin erließ das FA B… am 08.02.2018 einen Grunderwerbsteuerbescheid mit einer festgesetzten Grunderwerbsteuer von 706.046 EUR, fällig am 12.03.2018 (wobei noch ein zweites, nicht verfahrensgegenständliches Grundstück mit einem gesondert festgestellten, unstreitigen Wert von 230.687 EUR in die Bemessungsgrundlage mit einfloss).

Am 20.02.2018 legte die Ast. Einspruch gegen den Grundbesitzwertfeststellungsbescheid ein und kündigte die Erstellung eines Gutachtens an. Zugleich mit dem Einspruch vom 20.02.2018 beantragte die Ast. AdV und wies erneut auf die Altlasten und Nutzungsbeschränkungen hin.

Mit Schreiben vom 28.02.2018 wies das FA den Antrag auf AdV zurück. Es bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit, solange keine Steuererklärung eingereicht worden sei. Nach deren Einreichung könne erneut AdV beantragt werden. Mit Schreiben vom 08.03.2018 stellte das FA klar, dass Flächendifferenzen bestünden und bei Ansatz der von der Ast. in der Feststellungserklärung angegebenen Flächen sich ein höherer Wert ergäbe.

Der für die Grundstücksbewertung öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Alexander Gräfe erstellte ein Gutachten, das bei seiner Unterschrift das Datum 13.03.2018 trägt und zu einem Verkehrswert von 1 EUR gelangt. Der Gutachter kommt zu einem Bodenwert von 6,6 Mio EUR und zu einem Abschlag wegen notwendiger Altlastenbeseitigung in Höhe von 100 Mio EUR. Mit Schreiben vom 19.03.2018, beim FA eingegangen am 20.03.2018, übersandte die Ast. dem FA das Gutachten.

Mit Schreiben vom 23.03.2018 gewährte das FA C… AdV ab dem 20.03.2018.

2.

Mit Schreiben vom 24.04.2018 legte die Ast. Einspruch gegen den Bescheid vom 23.03.2018 ein und begehrte den Beginn der AdV statt erst ab dem 20.03.2018 schon ab dem 12.03.2018, dem Tag der Fälligkeit der Grunderwerbsteuer. Sie führte aus, aufgrund der erst ab dem 20.03.2018 gewährten AdV entstünden Säumniszuschläge in Höhe von 6.910,50...

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