rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vorsteuerabzug bei unrichtiger Angabe der Rechtsform des Leistungsempfängers. Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs bei Rechnungsberichtigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die fehlerhafte Angabe der Rechtsform des leistungsempfangenden Unternehmens (hier: GmbH anstatt Sp.z.o.o., einer GmbH polnischen Rechts) in Verbindung mit einer verkürzten Namensangabe, die aus der Sicht des FA eine Verwechselung mit der unter derselben Anschrift ansässigen deutschen Schwester-GmbH nicht ausschließen, führt auch dann zum Verlust des Vorsteuerabzugs, wenn der Rechnungsaussteller den berechneten Umsatzsteuerbetrag abgeführt hat.

2. Berichtigten Rechnungen ist hinsichtlich des Vorsteuerabzugs keine Rückwirkung beizumessen. Ein Recht auf Vorsteuerabzug zu einem Zeitpunkt, in dem eine ordnungsgemäße Rechnung noch nicht vorliegt, besteht nicht. Dem EuGH-Urteil (v. 15.7.2010, C-368/09) lässt sich nichts anderes entnehmen.

3. Der EuGH hat in seinem Urteil (v. 15.7.2010 C-368/09) lediglich klargestellt, dass der Vorsteuerabzug nicht von in der MwStSystRL nicht ausdrücklich vorgesehenen Rechnungsangaben abhängig gemacht werden kann.

 

Normenkette

UStG 2005 § 14 Abs. 4 Nr. 1, § 15 Abs. 1; UStG 1999 § 14 Abs. 1 Nr. 2; MwStSystRL Art. 179; EWGRL 388/77 Art. 18 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die in Polen ansässige Antragstellerin unterhält in A eine Betriebsstätte. Im Ergebnis einer bei dieser durchgeführten Betriebsprüfung erließ der Antragsgegner geänderte Bescheide zu Umsatzsteuer 2003-2006. Die Änderung betraf insbesondere eine Vorsteuerkürzung aus diversen Eingangsrechnungen, die nach der Auffassung des Prüfers mit der Empfängerbezeichnung „…” oder „…”unzureichend adressiert seien, da die Antragstellerin eine Sp.z.o.o. (GmbH polnischen Rechts) sei und unter der gleichen Anschrift eine Schwestergesellschaft der Antragstellerin, die Y – GmbH, ansässig sei. Auf Textziffer … des Prüfungsberichts vom … wird Bezug genommen. Im Rahmen des noch anhängigen Einspruchsverfahrens änderte der Antragsgegner die Umsatzsteuerfestsetzungen, soweit sie auf einer Schätzung von Vorsteuerkürzungen beruhten, mit Bescheiden vom … entsprechend den zwischenzeitlich berichtigten Umsatzsteuererklärungen der Antragstellerin und hob die im Umfang der Änderungen gewährte Aussetzung der Vollziehung auf.

Die Antragstellerin macht geltend, die (verbleibende) Kürzung der Vorsteuerbeträge sei rechtswidrig, da sich aus den streitigen Rechnungen der Name und die Anschrift ihres – der Antragstellerin – Unternehmens eindeutig und leicht nachprüfbar feststellen lasse. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.4.2009 (V R 15/07) dürften die Anforderungen an die Rechnungsstellung nicht über das hinausgehen, was erforderlich sei, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung durch die Finanzverwaltung zu sichern und Steuerhinterziehungen zu verhindern. Im Streitfall seien keine Anhaltspunkte für einen steuerlichen Schaden erkennbar, zumal die leistenden Unternehmen die geschuldeten Umsatzsteuerbeträge nachprüfbar abgeführt hätten. Dem Rechnungsaussteller mit dem größten Umsatzanteil, der Z, sei die Firma Y – GmbH überhaupt nicht bekannt gewesen (Anlage VII).

Unabhängig davon seien die streitigen Rechnungen in Abstimmung mit der Betriebsprüfung in der Zeit von November 2008 bis Februar 2009 berichtigt worden. Nach der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 15.7.2010 (C-368/09) sei der Rechnungsberichtigung Rückwirkung beizumessen mit der Folge, dass die Vorsteuerkorrektur in den Streitjahren vorzunehmen sei.

Die Antragstellerin beantragt unter Berücksichtigung der nach Antragstellung ergangenen Änderungsbescheide sinngemäß,

die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide vom … bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung in Höhe von … EUR für 2003, … EUR für 2004, … EUR für 2005 und … EUR für 2006 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die in Rede stehenden ursprünglichen Rechnungen entsprächen nicht der ständigen Rechtsprechung des BFH zu den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Adressierung, insbesondere bestehe im Hinblick auf die unter der gleichen Adresse ansässige Schwestergesellschaft eine erhöhte Verwechslungsgefahr. Die Korrektur der Rechnungen, die in den Jahren 2008 und 2009 erfolgt sei, wirke nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BFH nicht auf den Zeitpunkt des erstmaligen Vorsteuerabzugs zurück. Für eine Abweichung von diesen Grundsätzen bestehe auch nach dem Urteil des EuGH vom 15.7.2010 kein Anlass. Der EuGH habe in diesem Verfahren die Frage nach dem Zeitpunkt der Gewährung des Vorsteuerabzugs gar nicht gestellt. Er habe die Fragen des vorlegenden Gerichts erkennbar so aufgefasst, dass zu klären sei, ob die formellen Voraussetzungen des ungarischen Rechts an die berichtigte Rechnung mit der Ri...

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