rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts infolge einer mehr als sechsmonatigen Überschreitung des Zahlungsziels. keine Nachholung einer gebotenen, aber unterlassenen Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG in einem späteren Steuerjahr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Entgelt ist i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann. Insoweit ist ein Überschreiten des Zahlungsziels um das zwei- bis dreifache der Zahlungsfrist, mindestens um mehr als 6 Monate, ein Indiz für eine Uneinbringlichkeit (Anschluss an FG Brandenburg, Urteil v. 9.8.2005, 1 K 2448/02).

2. War der Leistungsempfänger bereits in einem früheren Steuerjahr bei objektiver Betrachtung nicht zur Zahlung des Entgelts in der Lage, z. B. weil er wiederholt Stundungen vereinbaren musste und eine vereinbarte Ratenzahlung nicht mehr einhalten konnte, so war das Entgelt bereits in diesem früheren Steuerjahr uneinbringlich und hätte der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug bereits in diesem früheren Steuerjahr nach § 17 Abs. 1 i. V. m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG berichtigen müssen. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass anders als z. B. bei der ertragsteuerlichen Wertberichtigung von Forderungen, die nach den Grundsätzen des Bilanzzusammenhangs in der ersten offenen Veranlagung nachgeholt werden kann, versäumte Berichtigungen nach § 17 UStG nicht in späteren Voranmeldungszeiträumen nachgeholt werden können.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; UStG § 17 Abs. 1 Sätze 2, 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

Die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2013 vom 30.03.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 wird mit Wirkung vom Fälligkeitstag bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 7 K 7193/17 in Höhe von 63.627,26 EUR ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob der Antragsgegner befugt ist, die Vorsteuer im Streitjahr nach § 17 Umsatzsteuergesetz –UStG– zu korrigieren.

Am 27.12.2007 erteilte die B… GmbH der Antragstellerin eine Rechnung über Vermittlungsleistungen in Höhe von 490.342,50 EUR netto zuzüglich 93.165,08 EUR Umsatzsteuer (= 583.507,58 EUR brutto), auf die die Antragstellerin am 18.04.2008 100.000,- EUR zahlte. (Bl. 21 Gerichtsakte –GA– 7 V 7109/09). Am 19.02.2009 vereinbarten die Antragstellerin und die B… GmbH die Restforderung in Höhe von 483.507,58 EUR im Hinblick auf erwartete Zahlungen aus einem Vermittlungsgeschäft mit der C…-Gruppe zunächst bis zum 30.04.2009 zu stunden. Weitere Zahlungen erfolgten am 28.07.2010 in Höhe von 25.000,- EUR und am 28.04.2011 in Höhe von 30.000,- EUR (Bl. 60 UA). Entsprechend passivierte die Antragstellerin in ihren Jahresabschlüssen zum 31.12.2008 und 31.12.2009 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber B… GmbH in Höhe von 483.507,58 EUR bzw. in Höhe von 458.507,58 EUR zum 31.12.2010, 398.507,58 EUR zum 31.12.2011 und 31.12.2012.

Am 22.12.2010 teilte die Antragstellerin B… GmbH mit, dass sie sich mit ihrer Gläubigerin auf eine Reduzierung ihrer Vergütung um 50 % habe einigen müssen, so dass sie mangels weiterer aktueller Einnahmen die Forderung der B… GmbH bis auf Abschläge nicht zeitgerecht habe bezahlen können und dies auch in nächster Zeit nicht schaffen werde. Sie werde daher zunächst nur Raten in Höhe von 30.000,- EUR jeweils zum Quartalsende zahlen (Bl. 62 f. UA).

Im Rahmen eines Anfang 2012 geführten Schriftwechsels drang B… GmbH auf baldige Zahlung, während die Antragstellerin auf ihre unbefriedigende Einnahmesituation verwies, jedoch eine grundsätzliche Bereitschaft zeigte, den Restbetrag bis Ende 2012 zu tilgen (Bl. 24 – 27 RbA).

Nach einem Gesprächsprotokoll vom 12.09.2012 schuldete die Antragstellerin der B… GmbH einen Betrag von 448.530,62 EUR incl. aufgelaufener Zinsen. Dieser Betrag sei in Höhe von 50.000,- EUR bis zum 30.06.2012 und im Übrigen zum 31.12.2012 fällig gewesen. Aufgrund unverändert bestehender wirtschaftlicher Probleme bei der Antragstellerin werde eine erweiterte Stundungsregelung getroffen. Die aufgelaufenen Zinsen würden mit Ausnahme gesetzlicher Verzugszinsen erlassen. Von der o.g. Schuldsumme sollten zunächst 106.754,- EUR in vierteljährlichen Raten ab dem 31.12.2012 zu je 20.000,- EUR getilgt werden, der Restbetrag von 291.753,- EUR solle aus Transaktionserlösen, die im Einzelfall 200.000,- EUR netto überstiegen, ab dem 01.07.2013, spätestens ab dem 01.10.2013 bezahlt werden (Bl. 14 f. GA). Zum 31.12.2013 passivierte die Antragstellerin in ihrem Jahresabschluss Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber B… GmbH in Höhe von 410.885,43 EUR.

Unter dem 20.01.2014 schlossen die Antragstellerin und B… GmbH eine Vereinbarung, in der sie auf...

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