Entscheidungsstichwort (Thema)

Unentgeltliche Wertabgaben können nicht Gegenstand einer steuerfreien Ausfuhrlieferung sein

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Entnimmt ein Unternehmer, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, einen Pkw aus seinem im Inland ansässigen Unternehmen, für den er den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, liegt eine im Inland zu besteuernde unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 1 vor, wenn sich der Pkw zum Zeitpunkt der Entnahme im Inland befindet.

2. Dies gilt auch bei Anwendung der Ortsbestimmungen für bewegte Lieferungen, da in diesem Fall Ort der Entnahme der Ort ist, an dem sich der Pkw zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung an den (fiktiven) Erwerber befindet.

3. Die Entnahme eines Gegenstandes ist einer unbewegten Lieferung gleichzustellen, so dass die Versendung des entnommen Gegenstandes in das Drittland keine steuerfreie Exportlieferung nach § 4 Nr. 1a UStG darstellt.

4. Die Regelung des § 6 Abs. 5 UStG verstößt nicht gegen das Gemeinschaftsrecht.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 1a, § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1, S. 2, § 6 Abs. 5; MwStSystRL Art. 14, 16, 31, 32 Abs. 1, Art. 146 Abs. 1; UStDV §§ 13, 17

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.02.2014; Aktenzeichen XI R 9/13)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt als eingetragener Kaufmann die a A. Ihr Zweck ist die Verwaltung eigener und fremder Grundstücke sowie die Verpachtung von T. Im November 2008 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz von X/Deutschland nach Y, in die Schweiz (Allgemeine Akten Blatt 6, 8). Der Sitz seines Unternehmens blieb in X/Deutschland.

Im Mai 2008 hatte er für sein Unternehmen (s. Zulassungsnachweis vom 22. Mai 2008; Finanzgerichtsakte – FG-Akte – Blatt 42) für 200.000,– EUR (Verkaufspreis netto: 168.067,22 EUR, Umsatzsteuer: 31.932,78 EUR) einen Luxuswagen angeschafft (s. Rechnung vom 21. Mai 2008; Rechtsbehelfsakten Blatt 32). Diesen „entnahm” er im Februar 2009 für 105.000,– EUR in sein Privatvermögen (s. Rechnung vom 9. Februar 2009; Rechtsbehelfsakten Blatt 16). Der „Entnahmewert” richtete sich nach einem „Ankaufsangebot” der Automobile GmbH, X/Deutschland vom 2. Februar 2009, wonach diese das Fahrzeug „nach eingehender Besichtigung und unter Berücksichtigung der aktuellen Marktsituation” für 124.850,– EUR inklusive Mehrwertsteuer ankaufen würde (Rechtsbehelfsakten Blatt 15). Am 4. März 2009 wurde der Pkw in die Schweiz ausgeführt. „Ausführer” war die „a”, X/Deutschland, „Empfänger” der Kläger, Y (Rechtsbehelfsakten Blatt 17 ff.). Danach wurde das Auto in der Schweiz zugelassen (s. Rechnung vom 7. April 2009; Rechtsbehelfsakten Blatt 20). Die Akten enthalten des Weiteren eine „Veranlagungsverfügung MWST” des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) vom 24. März 2009, in der wegen des „Luxuswagen” eine Mehrwertsteuer in Höhe von 12.949,10 Schweizer Franken (CHF) ausgewiesen ist (Rechtsbehelfsakten Blatt 25) sowie eine „Veranlagungsverfügung Zoll” des EFD vom 24. März 2009, in der wegen des „Luxuswagen” eine Automobilsteuer sowie andere Gebühren in Höhe von 6.560,20 CHF ausgewiesen sind.

Gegen die Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2009 vom 10. Februar 2010 (festgesetzte Umsatzsteuer: 23.030,37 EUR) hatte der Kläger, vertreten durch seinen Steuerberater, zunächst erfolgreich Einspruch eingelegt. Sie wurde korrigiert (festgesetzte Umsatzsteuer: 4.220,37 EUR). Mit Schreiben vom 15. April 2010 bat der Kläger, sie erneut zu korrigieren. Er führte aus, er habe den Luxuswagen in die Schweiz überführen lassen und damit in sein Privatvermögen entnommen. Die Entnahme des Pkw stelle eine fiktive Lieferung gegen Entgelt dar und sei gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a Umsatzsteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG) steuerfrei. Bei der Erstellung der Buchführung 2009 durch den Steuerberater hätten diesem die entsprechenden Ausfuhrnachweise noch nicht vorgelegen, so dass diese Entnahme zunächst als umsatzsteuerpflichtiger Vorgang auf dem Konto xxx erfasst und die Bemessungsgrundlage von 105.000,– EUR sowie die Umsatzsteuer von 19.950,– EUR in die Voranmeldung für Dezember 2009 übernommen worden seien. Aufgrund der späteren Nachweise sei diese Buchung auf dem Konto xxx storniert und die Entnahme auf dem Konto xxx als steuerfreier Vorgang gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG erfasst worden (Rechtsbehelfsakten Blatt 27). Am 28. April 2010 ging die entsprechend berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2009 beim Finanzamt (FA) Y ein. Umsatzsteuer hatte der Kläger in Höhe von ./. 15.729,63 EUR ermittelt (Rechtsbehelfsakten Blatt 29).

Mit Schreiben vom 20. Mai 2010 (Rechtsbehelfsakten Blatt 35) teilte das FA Y dem Kläger mit, es könne seiner Rechtsauffassung nicht folgen. Bei der Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, handle es sich um eine unentgeltliche Wertabgabe. Diese werde einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG)....

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