Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der unentgeltlichen Wertabgabe für die private Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes verstößt weder gegen Unionsrecht noch gegen das Rückwirkungsverbot

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Regelung des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, nach der Bemessungsgrundlage für die private Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes bei einem Berichtigungszeitraum von 10 Jahren jährlich 10 % der Herstellungskosten des Gebäudes sind, verstößt weder gegen Unionsrecht noch gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 15a Abs. 1 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.08.2015; Aktenzeichen XI R 6/13)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes.

Der Kläger (Kl) ist Gesellschafter der Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüfungskanzlei A und Kollegen Für die Errichtung eines überwiegend von ihm privat genutzten Wohnhauses schloss er im September 2003 einen Generalunternehmervertrag. In seiner im Oktober 2003 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat September 2003 machte der Kl wegen einer geplanten umsatzsteuerpflichtigen Vermietung des Gebäudes Vorsteuern i.H.v. 4.000 EUR geltend. Von der Gesamtwohnfläche des Wohnhauses von 410,62 qm sollten 19,89 qm Keller an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus X als Archiv für jährlich 300 EUR zzgl. USt vermietet werden. Ein Drittel der in das Haus integrierten Garage sollte an die Partnerschaftsgesellschaft A und Kollegen für jährlich 420 EUR zzgl. USt vermietet werden.

Die im Voranmeldungsverfahren geltend gemachten Vorsteuerbeträge waren Gegenstand einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Ihr Abzug wurde zunächst versagt (Bericht vom 27. April 2004), nach Rücksprache mit der Oberfinanzdirektion dann aber doch gewährt (geänderter Bericht vom 10. August 2004). Nach Fertigstellung des Gebäudes im Juni 2004 erklärte der Kl gegenüber dem beklagten Finanzamt (FA) am 26. Juli 2004, dass er das gesamte Wohnhaus seinem Unternehmensvermögen zuordne. Die Verwendung des Gebäudes habe sich nur insoweit geändert, als der Archivkeller nicht an die GbR, sondern an die Partnerschaftsgesellschaft A und Kollegen umsatzsteuerpflichtig vermietet worden sei. Die unternehmerische Nutzung des Gebäudes betrage 10,89 % der Gesamtnutzfläche. Für die Jahre 2003 und 2004 machte der Kl die gesamten Vorsteuern aus dem Hausbau geltend und erklärte für die Privatnutzung eine unentgeltliche Wertabgabe. Als Bemessungsgrundlage der Privatnutzung setzte er auch in den Folgejahren 1 % der Herstellungskosten des Gebäudes an. Die Umsatzsteuer wurde zunächst wie erklärt festgesetzt, jedoch unter Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit Bescheid vom 7. August 2009 änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung 2004. Anstatt der vom Kl errechneten Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe i.H.v. 1.846 EUR setzte es einen Betrag von 23.783 EUR an, den es wie folgt ermittelte:

Herstellungskosten insgesamt

522.799,52 EUR

hiervon 89,11 % eigene Wohnnutzung

475.668,75 EUR

hiervon jährlich 10%

47.566 EUR

6/12 in 2004

23.783

Die Umsatzsteuerfestsetzungen 2005 bis 2007 wurden mit Bescheiden vom 18. November 2008 und 7. August 2009 entsprechend geändert. Zur Begründung bezog sich das FA jeweils auf § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in seiner ab 1. Juli 2004 geltenden Fassung. Gegen die Änderungsbescheide legte der Kl Einspruch ein. Er vertrat die Auffassung, die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe dürfe nicht nach der Neufassung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG berechnet werden. Die Immobilie sei vor dem 1. Juli 2004 fertiggestellt worden. Bauantrag und Zuordnungsentscheidung seien sogar bereits 2003 erfolgt. Das Bauvorhaben sei durch Bankdarlehen finanziert worden, wobei er darauf vertraut habe, dass sich die unentgeltliche Wertabgabe nach den ertragsteuerlichen AfA-Beträgen bemesse.

Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2011 im wesentlichen als unbegründet zurück. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 sei die unentgeltliche Wertabgabe jährlich mit 10 % der vorsteuerbelasteten Herstellungskosten zu bemessen. Rechtsgrundlage hierfür sei die am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Neufassung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz (EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310). Hierin liege weder ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht noch gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sei aber bislang von zu hohen Nettoherstellungskosten ausgegangen worden. Nach den beigezogenen Steuerakten der Partnerschaftsgesellschaft A und Kollegen seien für die Abschreibung des Sonderbetriebsvermögens des Kl Nettoherstellungskosten von 496.591,83 EUR angesetzt worden. Die Bemessungsgrundlage ...

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