Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unentgeltliche Wertabgabe bei kostenloser Überlassung von Mobilfunkgeräten im Rahmen eines Mobilfunkvertrages. erhöhte Provisionszahlung der Mobilfunkgesellschaft als Entgelt von dritter Seite

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die unentgeltliche Lieferung von Handys oder sonstige Elektronikartikel durch den Vermittler von Mobilfunkverträgen anlässlich des Abschlusses eines Mobilfunkvertrages an den Kunden ist keine unselbstständige Nebenleistung zu der von der Mobilfunkgesellschaft erbrachten Netzleistung.

2. Liefert ein Vermittler von Mobilfunkverträgen den Kunden bei Abschluss eines Vertrages kostenlos Handys oder sonstige Elektronikartikel, liegt keine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe an die Kunden vor, wenn aufgrund der erhöhten Provisionszahlungen der Mobilfunkgesellschaft an den Vermittler die Zuwendung nicht unentgeltlich ist.

3. Die bei der Vermittlung eines Mobilfunkvertrages für die Handygestellung von der Mobilfunkgesellschaft an den Vermittler gezahlte Zusatzprovision ist Entgelt eines Dritten für die Handylieferung des Vermittlers an die Kunden.

4. Der Drittentgeltcharakter der erhöhten Provision für die Handylieferung geht nicht dadurch verloren, dass die vereinbarten Provisionen nicht an den Preis des abgegebenen Handys gekoppelt sind, sondern pauschal gewährt werden.

5. Aufgrund der Entgeltlichkeit der Handylieferungen sind diese auch keine Geschenke i. S. d. § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG. Die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge sind daher abziehbar.

6. Soweit der Vermittler für die Handylieferung in seinen Rechnungen das Drittentgelt nicht nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 7 UStG ausgewiesen hat, hat er weder einen höheren als den gesetzlichen Steuerbetrag (§ 14c Abs. 1 UStG) noch unberechtigt einen Steuerbetrag ausgewiesen (§ 14c Abs. 2 UStG). Soweit über die Provisionen des Vermittlers durch Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) abgerechnet wird, liegt ebenfalls kein unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis nach § 14c UStG vor.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 1 S. 3, §§ 14c, 15 Abs. 1a; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 6; Richtlinie 2006/112/EG Art. 16

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.10.2013; Aktenzeichen XI R 39/12)

 

Tenor

Die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 vom 10. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2010 werden dahin geändert, dass die Umsatzsteuer für das Jahr 2006 um xxx.xxx,xx EUR und für das Jahr 2007 um xxx.xxx,xx EUR vermindert wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine unentgeltliche Wertabgabe vorliegt, wenn der Kunde vom Vermittler eines Mobilfunkvertrages Elektronikartikel zum Preis von 0 EUR erhält, in der Folge aber an das Mobilfunkunternehmen erhöhte Gebühren zahlen muss.

Die Klägerin (Kl) vertreibt Telekommunikationsprodukte. In den Streitjahren erzielte sie ihren Hauptumsatz durch die Vermittlung von Mobilfunkverträgen zwischen den Kunden und verschiedenen Mobilfunkunternehmen (MFU). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind über das Internet angebotene Mobilfunkverträge, bei denen die Kl den von ihr vermittelten Kunden bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages ein Handy und andere Elektronikartikel ohne Berechnung zur Verfügung stellte, die Kunden dafür aber höhere Gebühren an das MFU zahlen mussten. Bei den auf der Internetseite der Kl angebotenen Mobilfunkverträgen konnte der Kunde zwischen Tarifen mit oder ohne Handy wählen. Die Handys hatte die Kl im eigenen Namen erworben und den Vorsteuerabzug geltend gemacht. Bei den Tarifen mit Handy machte die Kl den Kunden das Angebot, bei Vertragsabschluss ein Handy für 0 EUR oder gegen Zuzahlung ein höherwertiges Handy zu liefern. Entschied sich der Kunde für einen Zweijahresvertrag mit Handy, musste er an das MFU eine deswegen um 5 bis 10 EUR erhöhte Monatsgebühr bezahlen. Die Gebührenerhöhung war unabhängig davon, ob der Kunde ein Handy für 0 EUR oder gegen Zuzahlung bestellte. Entschied er sich für ein „kostenloses” Handy, bekam er das ausgewählte Handy von der Kl für 0 EUR übersandt. Soweit er sich für ein höherwertiges Handy entschied, zahlte der Kunde die vereinbarte Zuzahlung, für die von der Kl Umsatzsteuer abgeführt wurde.

Vor der Einführung und Verbreitung sog. Smartphones ab dem Jahr 2007 kam es zur Marktsättigung für klassische Handys. Viele Mobilfunkkunden hatten bereits ein technisch ausgereiftes Handy, deren Nachfolgermodelle wenig Kaufanreize boten. Um in diesem Marktumfeld Kunden für einen teureren Mobilfunkvertrag mit Handy zu werben, machte die Kl auch sog. Bundle-Angebote für 0 EUR, bei denen die Kunden bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages neben einem Handy noch andere Elektronikartikel wie Navigationsgeräte oder MP3-Player auswählen konnten. Die Abgabe zusätzlicher Elektronikartikel war aber davon abhängig, dass der Kunde einen Mobilf...

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