rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei der Montage von Auf-Dach-Photovoltaikanlagen durch einen Unternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Durch einen Unternehmer an seine Kunden gelieferte und montierte Auf-Dach-Photovoltaikanlagen sind – anders als dachintegrierte Photovoltaikanlagen – bloße Betriebsvorrichtungen, denn sie gehören nicht zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes (§ 94 BGB). Der Einbau von Auf-Dach-Photovoltaikanlagen als Betriebsvorrichtungen in ein Gebäude und damit in ein Bauwerk ist im Hinblick auf die eigenständige Betriebsfunktion der Betriebsvorrichtung weder eine Werklieferung noch eine Leistung im Sinne von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG 2008, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient.

 

Normenkette

UStG 2008 § 3 Abs. 4, § 13a Abs. 1 Nr. 1, § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1; MwStSystRL Art. 168 Buchst. a; BGB § 94; BewG § 68 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Umsatzsteuerbescheide für 2008, 2009 und 2010 jeweils vom 3. Juli 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2014 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer für 2008 i.H. von 28.897,02 Euro, für 2009 i.H. von 57.946,47 Euro und für 2010 i.H. von 18.409,08 Euro festgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit leistet. Ist durch Kostenfestsetzungsbeschluss ein Erstattungsbetrag von insgesamt mehr als 1.500 Euro festgesetzt, hat der Kläger in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluss insgesamt festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit zu leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Rechnungen in den Jahren 2008 bis 2010 (Streitjahre).

Der Kläger vertreibt und montiert Photovoltaikanlagen, thermische Solaranlagen sowie sonstige umweltfreundliche Techniken unter der Firma K, [].

Für die Streitjahre setzte er die folgenden Beträge als abziehbare Vorsteuer an:

2008

2009

2010

172.953,79 Euro

306.846,94 Euro

411.468,39 Euro

Im August 2012 fand bei dem Kläger eine Betriebsprüfung (Bp) statt. Diese kürzte die abziehbaren Vorsteuerbeträge wie folgt:

für das Streitjahr

2008

2009

2010

um

1.893 Euro

4.272 Euro

851 Euro

Hierzu hatte die Bp festgestellt, dass dem Kläger unzutreffend auch die Umsatzsteuer für Bauleistungen in Rechnung gestellt worden war (Tz. 35 des Bp-Berichts vom 9. November 2012, Bp-Akte, Bl. 40).

Hierauf änderte der Beklagte am 3. Juli 2013 Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Außerdem setzte der Beklagte die folgenden Zinsbeträge fest:

für das Streitjahr

2008

2009

2010

i. H. von

360 Euro

573 Euro

63 Euro

Die geänderten Bescheide gingen dem Kläger am 10. Juli 2013 zu.

Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2014, Gerichtsakte, Bl. 5 ff.).

Mit seiner Klage (Schriftsatz vom 3. Februar 2014, Gerichtsakte, Bl. 3 f.) trägt der Kläger insbesondere vor, dass er die streitigen Eingangsleistungen ausschließlich zur Montage und Installation von Auf-Dach-Photovoltaikanlagen bei seinen Kunden bezogen habe (Gerichtsakte, Bl. 73 f.).

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten (Schriftsatz vom 20. Februar 2014, Gerichtsakte, Bl. 14 f.).

Mit Schriftsätzen vom 11. Februar 2015 (Gerichtsakte, Bl. 36) und vom 12. Februar 2015 (Gerichtsakte, Bl. 42) verzichteten die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Beschluss vom 4. März 2015 ordnete die damalige Berichterstatterin auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen XI R 3/14 anhängige Verfahren an (Gerichtsakte, Bl. 53 f.). Auf Nachfrage beim BFH teilte die Geschäftsstelle des 11. Senats am 19. Januar 2018 mit, dass in diesem Verfahren keine Sachentscheidung mehr ergehen werde (Gerichtsakte, Bl. 58). Daraufhin nahm der nunmehrige Berichterstatter das Verfahren am 16. April 2018 wieder auf, nachdem die Beteiligten zuvor mitgeteilt hatten, dass sie an ihrem Begehren festhalten würden.

Am 9. Mai 2018 fand ein Erörterungstermin statt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und Behördenakten (USt-, Bp- und Rb-Akte) sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Dabei geht das Gericht im Streitfall davon aus, dass sich der Gegenstand des Klagebegehrens i.S. von § 65 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darauf richtet, die Bescheide über die Umsatzsteuer für die Streitjahre dergestalt zu ändern, dass die vom Kläger in seinen Umsatzsteuer-Anmeldungen erklärten Vorsteuerbeträge von der errechneten Umsatzsteuer abzusetzen sind.

1. Die Umsatzsteuerbescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs...

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