Entscheidungsstichwort (Thema)

Freibetrag für weichenden Erben trotz späterer Betriebsaufgabeerklärung für den landwirtschaftlichen Betrieb. Einkommensteuer 1991

 

Leitsatz (amtlich)

Der Freibetrag für weichende Erben kann auch dann gewährt werden, wenn die Eltern den landwirtschaftlichen Betrieb an den als Hofnachfolger vorgesehenen Sohn verpachtet und nach der Abfindung des weichenden Erben die Betriebsaufgabe erklärt haben; Bedingung für den Freibetrag ist nur, dass der Betrieb –unabhängig davon, ob er bei den Übergebern noch zum Betriebsvermögen gehört– als solcher erhalten und später wie vorgesehen durch Erbfolge oder vorweggenommene Erbfolge auf den Hofnachfolger übergeht (Abgrenzung zur BFH-Rechtsprechung; Ausführungen zum Zweck von § 14 a Abs. 4 EStG).

 

Normenkette

EStG 1990 § 14a Abs. 4 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.09.2002; Aktenzeichen IV R 28, 29/01)

BFH (Urteil vom 12.09.2002; Aktenzeichen IV R 28/01)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1991 vom 19. August 1997 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung ist der Freibetrag gemäß § 14 a Abs. 4 EStG zu gewähren und die Einkommensteuerschuld entsprechend herabzusetzen. Die Ermittlung der Steuerschuld wird dem Finanzamt übertragen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der der Klägerin zu erstattenden Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist im Veranlagungszeitraum 1991, ob ein Freibetrag für weichende Erben nach § 14 a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin und ihr am 18.06.1990 verstorbener Ehemann waren Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Im gemeinschaftlichen Testament vom 10. Januar 1989 hatten sich die Klägerin und ihr Ehemann gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt Nach dem Tode des Überlebenden soll hiernach der Nachlass an den Sohn … übergehen. Die Tochter … erhält vorher vom gesamten Nachlass einen Anteil von 20 %. Für den Fall, dass der Erbe … den landwirtschaftlichen Betrieb aufgibt und ihn nicht mehr bewirtschaftet, hat er bei Veräußerung von bebauten oder unbebauten Grundstücken seiner Schwester einen Anteil von 10 % am Veräußerungserlös zu bezahlen.

Seit dem 31.10.1987 ist der landwirtschaftliche Betrieb, der zwischenzeitlich im Alleineigentum der Klägerin steht, an den Sohn … verpachtet. Das Pachtverhältnis besteht auch heute noch.

Auf den Pachtvertrag vom 14. September 1987 und das gemeinschaftliche Testament vom 10. Januar 1989, die im Erörterungstermin v. 10. April 2001 dem Gericht übergeben worden sind, wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Da das zu versteuernde Einkommen der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes unter dem Grundfreibetrag lag, war die Steuernummer der Eheleute ab dem 01.01.1988 gelöscht worden.

Aufgrund der Einkommensteuererklärung der Klägerin für 1991 vom 26.03.1993 ermittelte das Finanzamt (FA) aus den Pachteinnahmen von 7.878 DM und einem Mietwert von 2.400 DM Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 10.278 DM. Zusammen mit den Renteneinkünften ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen von 5.847 DM. Mit gem. § 165 Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufigem Bescheid vom 18.01.1994 setzte das FA die Einkommensteuer 1991 auf 0 DM fest.

Mit Schreiben vom 25.03.1994 erklärte die durch ihren Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin die Aufgabe ihres landwirtschaftlichen Betriebes zum 31.12.1993. Im Rahmen der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns wurde dem FA bekannt, dass die Klägerin mit Vertrag vom 06.09.1991, an dem auch … beteiligt war, verschiedene landwirtschaftliche Grundstücke an ihre Tochter … übergeben hatte.

In diesem Vertrag ist u. a. folgendes geregelt:

„Frau … ist Alleinerbin ihres am 18.06.1990 verstorbenen Ehemannes Die Eheleute … durch gemeinschaftliches Testament vom 10.01.1989 ihren gemeinsamen Sohn … zum Alleinerben des Längstlebenden von ihnen bestimmt und der Tochter … ein Vermächtnis ausgesetzt. Dies vorausgeschickt schließen die Beteiligten zur Abfindung der weichenden Erbin … den folgenden

Übertragungs- und Zuwendungsverzichtsvertrag u. a.

Frau Irmgard Schmidle überträgt ihrer dies annehmenden Tochter … von ihrem ……. Grundbesitz die Grundstücke FlSt … (6,68 ar), … (133,13 ar), … (34, 22 ar) und … (122, 84 ar).

Die Übergabe erfolgt am 01.09.1991……

Im Hinblick auf die vorstehend beurkundete Zuwendung verzichtet Frau … auf sämtliche Rechte aus dem gemeinschaftlichen Testament ihrer Eltern vom 10.01.1989.

Sie verzichtet ferner auf ihr gesetzliches Erbrecht auf Ableben ihrer Mutter … und auf ihr Pflichtteilsrecht auf Ableben ihrer Eltern … und … Sämtliche Verzichte werden mit Wirkung auch für die Abkömmlinge der Frau … erklärt und von den übrigen Beteiligten angenommen….”

Aufgrund eines Gutachtens des Gut...

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