rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der zeitlichen Anwendung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a GewStG. Stichtagsprinzig verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Gewährung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a EStG setzt eine Beteiligung von mindestens 10 % zu Beginn des Erhebungszeitraums voraus. Dabei gilt nach allgemeiner Auffassung ein strenges Stichtagsprinzip, d. h. Veränderungen nach dem Beginn des Erhebungszeitraums sind nicht zu berücksichtigen.

2. Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während eines ganzen Kalenderjahres, so tritt für die Bestimmung des Erhebungszeitraums an die Stelle des Kalenderjahres der Zeitraum der Steuerpflicht.

3. Bei Kapitalgesellschaften, die nach § 2 Abs. 2 GewStG kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, beginnt die Steuerpflicht mit der Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister.

4. Das in § 9 Nr. 2a GewStG normierte Tatbestandsmerkmal „zu Beginn des Erhebungszeitraums” kann nicht im Wege einer teleologischen Auslegung auf weitere Zeitpunkte oder eine bestimmten Zeitraum erstreckt werden.

5. Bei der Gewerbesteuer ist eine Doppelbelastung steuersystematisch nicht ausgeschlossen.

6. Mit dem in § 9 Nr. 2a GewStG normierten Stichtagsprinzip wird weder gegen Art. 12 GG noch gegen Art. 3 GG verstoßen.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 2a, §§ 7, 8 Nr. 5, § 14 Sätze 2-3, § 2 Abs. 2; KStG § 8b Abs. 1; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 40; GG Art. 3, 12, 20 Abs. 3; AO § 164 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a Gewerbesteuergesetz (GewStG).

Die mit Notarvertrag vom 08. Oktober 2002 (Vertragsakte Bl. 18ff.) gegründete Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand des Unternehmens ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften im In- und Ausland sowie die Übernahme von Geschäftsführungs-, Verwaltungs-, Controlling- und Finanzierungsaufgaben, allgemeine Grundstücksverwaltung für die Beteiligungsgesellschaften sowie die zentralisierte Auswahl der Führungskräfte der Beteiligungsunternehmen.

Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ist A A Die Stammeinlage in Höhe von 25.000 EUR brachte er in bar ein (§ 3 Gesellschaftsvertrag; vgl. auch Eröffnungsbilanz zum 08. Oktober 2010 –Bilanzakte Bl. 1ff.–). Die Klägerin wurde am 25. November 2002 in das Handelsregister eingetragen.

Am 11. Dezember 2002 beschloss die Gesellschafterversammlung, das Stammkapital der Gesellschaft um 10.000 EUR auf 35.000 EUR zu erhöhen. Zur Übernahme der neuen Stammeinlage wurde der Alleingesellschafter zugelassen, der die Stammeinlage als Sacheinlage durch Übertragung seiner 217.500 Stück Stammaktien der A AG (A-AG) mit Sitz in X auf die Klägerin erbrachte. Die Klägerin übernahm die mit der Anschaffung der A-AG in Zusammenhang stehenden Darlehensverbindlichkeiten des Gesellschafters in Höhe von 380.125,97 EUR. Die neue Stammeinlage nahm ab dem 01. Januar 2002 am Gewinn der Gesellschaft teil. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die notariell beglaubigte Satzungsänderung (Vertragsakte Bl. 26 ff.) Bezug genommen. Die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister erfolgte am 18. Dezember 2002.

Die Einbringung erfolgte zum Buchwert. Der die Kapitalerhöhung übersteigende Betrag in Höhe von 148.160 EUR wurde in die Kapitalrücklage eingestellt.

Mit Vertrag vom 15. Dezember 2002 erwarb die Klägerin weitere 12.500 Vorzugsaktien der A-AG von einem Dritten zu einem Kaufpreis von 63.875 EUR (5,11 EUR/Stück). Die Gewinnbeteiligung ging mit sofortiger Wirkung auf die Klägerin über. Die Klägerin ist nunmehr zu 84,25% an der A-AG beteiligt.

Am 23. Dezember 2002 beschloss die A-AG eine Gewinnausschüttung. Auf die Beteiligung der Klägerin entfiel ein Betrag in Höhe von 279.000 EUR; 18.000 EUR hiervon entfielen auf die mit Vertrag vom 15. Dezember 2002 erworbenen Anteile.

In der am 14. August 2003 beim Beklagten (Finanzamt – FA –) eingereichten Gewerbesteuererklärung 2002 unterblieb eine Hinzurechnung der Gewinnanteile nach § 8 Nr. 5 GewStG. Das FA folgte zunächst den Angaben der Klägerin in dem Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2002 vom 01. Oktober 2003. Der Bescheid erging unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AbgabenordnungAO –).

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die am 23. Dezember 2002 von der A-AG beschlossene Gewinnausschüttung zwar nach § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) nicht der Kör-perschaftsteuer unterliege, jedoch das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg des § 9 Nr. 2a GewStG keine Anwendung fände, da die Beteiligung der Klägerin an der A-AG zu Beginn des gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraums noch nicht bestanden habe. Das FA folgte ...

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