Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnungsbescheid (Vermögensteuer 1980 und 1981)

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.02.1996; Aktenzeichen VII R 55/95)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Vermögensteuervorauszahlungen nach Eintritt der Festsetzungsverjährung der Jahressteuer zu erstatten sind.

Das seinerzeit zuständige Finanzamt (FA) …-Süd hatte mit Bescheid vom 5. Juni 1979 gegenüber dem Kläger Vermögensteuervorauszahlungen für 1980, 1981 und 1982 auf jährlich 5.315,– DM festgesetzt. Die Vermögensteuererklärung auf den 1. Januar 1980 reichte der Kläger bei diesem FA am 21. April 1980 ein.

Nach Änderung der örtlichen Zuständigkeit führte der Beklagte (FA) mit Bescheid vom 11. Dezember 1986 die Vermögensteuer-Hauptveranlagung auf den 1. Januar 1980 durch. Diese ergab für die Streitjahre eine jährliche Vermögensteuer von 4.745,– DM. Der sich damit gegenüber den vorausbezahlten Vermögensteuern ergebende Differenzbetrag von 570,– DM pro Jahr wurde dem Kläger erstattet.

Mit Einspruch vom 23. Dezember 1986 verlangte der Kläger jedoch die vollständige Erstattung, der Vermögensteuervorauszahlungen, weil das FA infolge Ablaufs der Festsetzungsfrist daran gehindert sei, für die Streitjahre Vermögensteuer festzusetzen.

Mit Schreiben vom 23. Januar 1991 hob das FA die Vermögensteuerfestsetzungen auf den 1. Januar 1980 und 1. Januar 1981 wegen Festsetzungsverjährung auf und erließ mit gleichem Schreiben einen Abrechnungsbescheid, mit dem die bereits erstattete Vermögensteuer von jeweils 570,– DM für 1980 und 1981 zurückgefordert wurde. Der gegen den Abrechnungsbescheid erhobene Einspruch wurde mit Entscheidung vom 2. Mai 1991 zurückgewiesen. Mit der dagegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend:

Mit Ablauf der Festsetzungsfrist für die Veranlagung der Vermögensteuer 1980 und 1981 sei die rechtliche Grundlage für die geleisteten Vorauszahlungen entfallen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AbgabenordnungAO –) und der Regelungsgehalt des Vorauszahlungsbescheids vom 5. Juni 1979 habe sich damit auf andere Weise erledigt. Einer besonderen Aufhebung dieses Vorauszahlungsbescheids zum Zwecke der Erstattung der Vorauszahlungen bedürfe es nicht. Diese rechtliche Folge ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des Vorauszahlungsverfahrens.

Dem Vorauszahlungsbescheid fehle die Richtigkeitsgewähr, die dem Vermögensteuerbescheid aufgrund der umfassenden Sachverhaltsaufklärung innewohne. Die nur überschlägige Vorauszahlungsermittlung basiere auf der gesetzlichen Annahme, eine Korrektur und Kontrolle werde durch das Steuerveranlagungsverfahren und die nachfolgende Steuerfestsetzung erfolgen. Der Vorauszahlungsbescheid sei daher hinsichtlich der Dauer seiner Regelungswirkung bis zum Zeitpunkt der endgültigen Steuerfestsetzung begrenzt (vgl.; BFH-Urteil vom 13. März 1979 III R 79/77, BStBl II 1979, 461; BFH-Beschluß vom 5. August 1980 VIII B 108/79, BStBl II 1981, 35; BFH-Urteil vom 29. November 1984 V R 146/83, BStBl II 1985, 370; Tipke-Kruse AO-Kommentar, vor § 169 Tz. 6). Wenn eine Jahressteuer wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr festgesetzt werden könne, erledige sich der Vorauszahlungsbescheid gemäß § 124 Abs. 2 AO auf „andere Weise”.

Die Funktion des Vorauszahlungsbescheids, die Vermögensteuer schon vor deren Festsetzung zu vereinnahmen und insoweit ein Tilgungsguthaben der Steuerpflichtigen bereit zu halten, gehe verloren, wenn eine Endabrechnung über die Steuern nicht mehr möglich sei. Der Zweck des Vorauszahlungsbescheids könne in seiner Rechtswirkung nicht weiterreichen als die Vermögenssteuerpflicht, auf die er bezogen sei.

Ein eigenständiger Grund zum Behaltendürfen der geleisteten Vermögensteuervorauszahlungen sei mit dem bestandskräftigen Vorauszahlungsbescheid nicht geschaffen worden. Es widerspräche der Rechtsnatur von Vorauszahlungsbescheiden, deren Zielsetzung allein in der Abrechnung mit festgesetzten Vermögensteuern bestehe, dem Fiskus Einnahmen zu verschaffen, die ihm wegen § 47 AO endgültig nicht geschuldet würden.

Aus den Regelungen der §§ 47, 169 AO sowie der Einführung des § 171 Abs. 14 werde deutlich, daß auch – der Gesetzgeber von einem Erlöschen des Steuerschuldverhältnisses „im ganzen” ausgegangen sei und nicht den vorläufigen Regelungsgehalt von Vorauszahlungsbescheiden in Fällen, wie dem Streitfall, habe endgültig machen wollen. Anders sei die durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 eingeführte Regelung des § 171 Abs. 14 AO nicht zu erklären. Danach sei die Festsetzungsverjährungsfrist für einen Steueranspruch gehemmt, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch i.S.v. § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt sei. Diese ab 1. Januar 1987 wirksame Regelung betreffe exakt jene Fälle, in denen auf Vorauszahlungsbescheide Zahlungen erbracht wurden, die Steuerfestsetzung sodann aber wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr möglich sei.

Hätte das FA rechtzeitig, die Vermögensteuer für die Streitjahre festgesetzt, hätte si...

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