Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreie Entnahme eines zum Unternehmensvermögen einer GbR gehörenden, ohne Vorsteuerabzug erworbenen PKW unmittelbar vor der Veräußerung des Fahrzeugs. Umsatzsteuer 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat eine GbR die private PKW-Nutzung eines gebraucht, ohne Vorsteuerabzug erworbenen PKW von Anfang an nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1996 als Verwendungseigenverbrauch versteuert, so hat sie den PKW ihrem Unternehmen zugeordnet.

2. Hat die GbR bei der Weiterveräußerung dieses Fahrzeugs unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des BFH zum EuGH (V R 61/96 vom 24.9.1998, BFH/NV 1999, 571) eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie den PKW nicht steuerpflichtig veräußern wollte, so ist davon auszugehen, dass sie das Fahrzeug unmittelbar vor der Veräußerung nach Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei entnommen hat, mit der Folge, dass die Veräußerung des PKW dann nicht mehr im Rahmen ihres Unternehmens erfolgte und daher nicht der Umsatzsteuer unterlag (rechtsformunabhängige Anwendung der vom BFH im Urteil vom 31.1.2002 V R 61/96, BFH/NV 2002, 742, für Einzelunternehmer entwickelten Grundsatze auch für eine GbR).

 

Normenkette

UStG 1998 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, Nr. 2 Buchst. a, b; EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen V R 35/04)

 

Tenor

1. Die zuletzt durch Bescheid vom 10. Juni 2002 geänderte Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 1998 wird um 3.241 DM = 1.657,10 EUR auf 217.079 DM = 110.990,73 EUR herabgesetzt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das Finanzamt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss errechneten Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), betreibt eine Steuerberatungsgesellschaft.

Im Jahr 1995 erwarb sie von einem Händler einen gebrauchten PKW Mercedes C 220 D zum Preis von 43.880 DM. Die Klägerin nahm aus der Anschaffung des PKW keinen Vorsteuerabzug in Anspruch, da der Verkäufer die Differenzbesteuerung nach § 25 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1995) anwandte.

In den Veranlagungszeiträumen 1995 bis 1998 versteuerte die Klägerin die teilweise Verwendung des PKW für unternehmensfremde Zwecke gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 b UStG (19951998).

Im Jahr 1998, dem Streitjahr, gab die Klägerin den PKW für den Erwerb eines anderen Fahrzeugs für 23.500 DM in Zahlung. Der Händler rechnete hierüber mit einer an die Anschrift der Klägerin gerichteten Gutschrift vom 9. November 1998 wie folgt ab:

„Für nachfolgend aufgeführtes Fahrzeug schreiben wir Ihnen gut:

1

Mercedes-Benz

C 220 D Fahrzeug-Ident-Nr. …

DM 23.500

Dieser Betrag wird bei Lieferung des uns in Auftrag gegebenen Fahrzeugs zum Nennwert und zinslos angerechnet.”

Die Klägerin vermerkte in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr:

„Im Jahr 1998 wurde der PKW … zum Preis von DM 23.500 veräußert. Da beim Erwerb (§ 25 a UStG) kein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde, wird der Umsatz nicht der Besteuerung unterworfen.

Hinweis auf die Vorlage an den EuGH gemäß Beschluss des BFH vom 24.9.1998 (V R 61/96)”.

Das beklagte Finanzamt (FA) behandelte den Verkauf des PKW bei der Umsatzsteuerveranlagung für das Streitjahr mit Umsatzsteuerbescheid vom 26. Mai 2000 als steuerpflichtig. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Steuer errechnete das FA aus dem Kaufpreis (23.500 DM) und erhöhte die Bemessungsgrundlage für die steuerpflichtigen Umsätze von 1.058.689 auf 1.082.189 DM. In dem Erläuterungstext des Steuerbescheides führte es hierzu aus, die Veräußerung des PKW sei steuerbar und steuerpflichtig, da es sich um eine Lieferung aus dem Unternehmensvermögen handele. Die Anwendung des § 25 a UStG sei auf Wiederverkäufer beschränkt. Als Wiederverkäufer nach § 25 a Abs. 1 Nr. 1 UStG gelte, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handele oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigere. Dies treffe auf die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, nicht zu. Die steuerpflichtigen Umsätze würden daher um 20.258,62 DM erhöht.

Mit Änderungsbescheid vom 10. Juni 2002 setzte das FA die Bemessungsgrundlage für die Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 16 % von 1.082.189 DM auf 1.078.947 DM herab. Die Änderung war erforderlich, da das FA in dem geänderten Bescheid vom 26. Mai 2000 die Bemessungsgrundlage für den Umsatz aus der Veräußerung des PKW nicht um den Nettobetrag in Höhe von 20.258,62 DM sondern um den Bruttobetrag in Höhe von 23.500 DM erhöht hatte. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Durch Entscheidung vom 14. Juni 2002 wies das FA den von der Klägerin gegen den Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 26. Mai 2000 eingelegten Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die am 15. Juli 2002 fristgemäß erhobene Klage.

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