Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsrecht nach DBA-Schweiz für einen im Inland ansässigen Delegierten einer Schweizer Aktiengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Fungiert ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger in einer Doppelfunktion als Deligierter (Mitglied des Verwaltungsrats) und als Geschäftsführer einer Schweizerischen Aktiengesellschaft, unterliegen die ihm hierfür gezahlte Vergütung in voller Höhe dem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates Deutschland. Eine Aufteilung der Vergütung nach der Überwachungs- und Führungsfunktion des Deligierten ist nicht vorzunehmen.

2. Eine wirtschaftliche Identität zwischen Aktiengesellschaft und Verwaltungsrat ist gegeben, wenn der Delegierte gleichzeitig der wichtigste Aktionär des Unternehmens ist. Dann liegt – anstelle eines Arbeitsvertrages – ein mandatsähnlicher Innominatvertrag vor.

3. Die BRD kann als Ansässigkeitsstaat des Delegierten – unberührt vom Besteuerungsrecht der Schweiz als Ansässigkeitsstaat der Aktiengesellschaft – die Bezüge nicht nur insoweit als sie auf die Tätigkeit des Delegierten im Inland und in Drittstaaten entfällt, sondern in voller Höhe besteuern.

 

Normenkette

DBA CHE Art. 14, 16, 15 Abs. 4 S. 1, Art. 15a, 24 Abs. 1 Nr. 2; Schweizer Obligationenrecht Art. 718 Abs. 2, Art. 716a Abs. 1 Nr. 4; EStG § 36 Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 6 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die für den Veranlagungszeitraum 1996 (Streitjahr) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Der 1948 geborene Kläger ist von Beruf Exportkaufmann (Hinweis auf das Schreiben vom September 1999, B. 33/1996 der Einkommensteuerakten – ESt-Akten –). Die am 1966 geborene Klägerin erzielte im Streitjahr als Hausfrau keine steuerpflichtigen Einkünfte. Die Kläger haben drei leibliche Kinder, und zwar die Töchter T 1 (geb. 1983), T 2 (geb. am 1988) und T 3 (geb. am 1995). Sie hatten im Streitjahr ihren Wohnsitz (und ihre ständige Wohnstätte) in X / Deutschland.

Der Kläger war bei der C AG, deren Sitz im Streitjahr in Y/CH, (im Folgenden: C-AG) war, seit dem 15. Januar 1990 (und damit seit der Gründung der C-AG) als „einziger fester Angestellter” beschäftigt. Daneben waren für die C-AG nur „freie Fremdarbeitskräfte” tätig (s. Schreiben der C-AG vom September 1999, Bl. 33/1996 ESt-Akten). Nach den Feststellungen des Berichterstatters im Erörterungstermin vom 8. Dezember 2009 war neben dem Kläger im Streitjahr – wie auch in den anderen Jahren – noch ein Sachbearbeiter bei der C-AG beschäftigt, der am Sitz der Gesellschaft für die tatsächliche/technische Durchführung der vom Kläger erzielten Vertragsabschlüsse sorgte.

Nach Ziff. 1 des Arbeitsvertrages vom 5./15. Januar 1990 wurde der Kläger als Geschäftsführer und Delegierter angestellt (s. Art. 718 Abs. 2 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 – OR –). Die Bestellung zum Delegierten erfolgte durch den Verwaltungsrat der C-AG (Hinweis auf Art. 5 der Statuten in Verbindung mit Art. 11 ff. des Geschäftsreglementes vom 9. Februar 1990 – im folgenden: Geschäftsreglement – s. Anlage zum Schriftsatz der Kläger vom 30. April 2008). Zuvor war der Kläger durch die Generalversammlung der C-AG zum Mitglied des Verwaltungsrates ernannt worden. Der Kläger war mit der Funktion „Delegierter” und der Zeichnungsberechtigung „Einzelunterschrift” in das Handelsregister des Kantons Y-Stadt eingetragen, und die Eintragung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (O) – SHAB – veröffentlicht worden (s. Bl. 146, 147, 149 und 150 der FG-Akten).

Die Tätigkeit des Klägers für die C-AG endete am 30. September 1999 (s. Lohnausweis für 1999, Bl. 9/1999 ESt-Akten). Am 23. November 1999 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der C-AG eröffnet. Nach Beendigung des Konkursverfahrens wurde die Firma im Handelsregister am 22. Mai 2001 gelöscht (s. den Handelsregisterauszug vom 24. März 2008 lt. www.moneyhouse.ch, Bl. 146 ff. der FG-Akten bzw. die Anlage zum Schriftsatz der Kläger vom 30. April 2008).

Zur im Arbeitsvertrag genannten Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer (s. auch dieselben Angaben zu „ausgeübter Beruf” in Zeile 4 des Mantelbogens der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr [Bl. 5/1996 ESt-Akten] und in der Bescheinigung des Arbeitgebers über die Nichtrückkehr [Bl. 11/1996 ESt-Akten]) erklärte das Mitglied des Verwaltungsrates der C-AG Dr. NN im Schreiben vom 30. April 2008, dass der Delegierte des Verwaltungsrates nach Schweizerischen Recht der geschäftsführende Verwaltungsrat der Gesellschaft sei. Er werde somit vom Verwaltungsrat beauftragt, die aktive Geschäftsführung der Gesellschaft zu übernehmen. Der Kläger sei als Delegierter des Verwaltungsrats ernannt worden und sei somit „Geschäftsführer” der C-AG gewesen.

Im Streitjahr war neben dem Kläger Dr. NN, wohnhaft in O/CH als Verwaltungsratspräsident Mitglied des Verwaltungsrates der C-AG (s. To Whom it May Concern, Bl. 153 der FG-Akten). ...

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