Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch einer für fünf Jahre nach Deutschland abgeordneten griechischen Lehrerin und Beamtin. Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Kindergeldanspruch für das Jahr 2000 einer befristet ins Inland abgeordneten, weiterhin von ihrem Heimatstaat besoldeten, aus einem anderen EU-Mitgliedstaat stammenden Beamtin besteht nach der gegenüber dem EStG vorrangigen VO (EWG) Nr. 1408/71 i.d.F. der Bekanntmachung der VO (EG) Nr. 1606/98 vom 29.6.1998 nicht in Deutschland, sondern nur im Heimatstaat und nach den dort für Familienleistungen geltenden Gesetzen.

2. Die Sonderregelung des Art. 14f der VO (EWG) Nr. 1408/71 greift nur für den Fall gleichzeitiger Beamtentätigkeit in mehr als einem EU-Mitgliedstaat.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 2; EWGV 1408/71 Art. 13 Abs. 2 Buchst. d; EGV 1606/98; EWGV 1408/71 Art. 13 Abs. 1 S. 1, Art. 14f

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.08.2002; Aktenzeichen VIII R 97/01)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1959 geborene, in … wohnhafte und seit 1995 von ihrem Ehemann getrennt lebende Klägerin (Klin) ist Beamtin des griechischen Staates und von der Erziehungsabteilung der griechischen Botschaft beauftragt, für fünf Jahre als Lehrerin Kinder in der Bundesrepublik Deutschland zu unterrichten. Sie ist seit Herbst 1996 am griechischen … bei der … in … tätig.

Die Klin wird für ihre Tätigkeit vom griechischen Staat besoldet. Auf das reguläre Gehalt erhält sie monatlich für ihre in ihrem Haushalt in … lebenden beiden minderjährigen Kinder einen Familienzuschlag in Höhe von 6.000 Drachmen (rund 35 DM) pro Kind.

Ihren im Januar 1999 gestellten Antrag auf Kindergeld entsprach die Familienkasse des Beklagten (Bekl) nur teilweise (für die Zeit von Juli 1997 bis Oktober 1998 hinsichtlich der Hälfte des gesetzlichen Kindergelds), lehnte indessen die Gewährung von Kindergeld ab November 1998 mit – bestandskräftig gewordenem – Bescheid vom 4. Januar 2000 in vollem Umfange ab und bestätigte diese Entscheidung auf erneuten Antrag der Klin vom 2. Juni 2000 mit Bescheid vom gleichen Tage. Der gegen die zuletzt genannte Entscheidung erstmals erhobene Einspruch blieb erfolglos.

Nach Auffassung der Familienkasse stehen dem Kindergeldanspruch europarechtliche Vorschriften entgegen, wonach Beamte eines anderen EU-Staates auch bei auswärtiger Beschäftigung in einem anderen Mitgliedsstaat ausschließlich den Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Herkunftslandes unterlägen (Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2000).

Hiergegen wendet sich die Klin mit der rechtzeitig erhobenen Klage, zu deren Begründung sie im wesentlichen folgendes vorträgt:

Entgegen der Auffassung des Bekl stehe die Regelung in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vom 14.06.1971 in der geänderten Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1606/98 vom 29.06.1998 der Gewährung von Kindergeld an die Klin nicht entgegen. Die Neufassung der Verordnung stelle die Beamten aus einem anderen Mitgliedsstaat der EU Arbeitnehmern gleich, die in einem Zweig eines Systems der sozialen Sicherheit erfasst seien. Die Verordnung wolle außerhalb des Herkunftslands beschäftigte Beamte nicht schlechter stellen als andere länger als zwölf Monate in ein Mitgliedsland entsandte Arbeitnehmer. Damit sei aber auch für Beamte das Recht des Beschäftigungsstaates und nicht dasjenige des Herkunftslands maßgebend. Dem widerspreche auch nicht die Regelung in Art. 13 Abs. 2 Buchstabe d der VO, da für Beamte, die mindestens in einem EU-Staat im Rahmen eines Sondersystems versichert sind, nach der Neuregelung in Art. 14 f die Rechtsvorschriften jedes Staates, in dem der Beamte beschäftigt ist, anzuwenden seien.

Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus der zur bisherigen Fassung der Verordnung ergangenen Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15.12.1992, 10 RKg 18/91 – veröffentlicht in NVwZ 1993, 919, zu dem Kindergeldanspruch einer in der Bundesrepublik Deutschland tätigen beamteten spanischen Lehrerin. Zur Begründung der Ablehnung des Anspruchs auf Kindergeld habe das Gericht entscheidend darauf abgestellt, dass die entsandte Beamtin nicht mit anderen Arbeitnehmern gleichzusetzen sei. Diese Unterscheidung sei indessen durch die Neufassung mit der Verordnung Nr. 1606/98 gerade aufgehoben worden.

Im Übrigen erhalte die Klin von ihrem Dienstherrn auch tatsächlich kein Kindergeld, sondern lediglich eine Familienzulage, der mit dem Ortszuschlag deutscher Beamter auf das Grundgehalt vergleichbar sei. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei es angebracht – wie bei deutschen Beamten – die inländischen Rechtsvorschriften über Familienleistungen (Kindergeld) anzuwenden.

Die Klin beantragte dementsprechend,

unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 2. Juni 2000 und der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2000 Kindergeld ab Januar 2000 nach Maßgabe der Vorschriften in § 66 Einkommensteuergesetz (EStG) für zwei Kinder festzusetzen.

Der Bekl – das Arbeitsamt – beantragte hingegen,

die Klage ab...

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